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Waren an der Müritz - nach Röbel - nach Neubrandenburg Text und Fotos: © Martin Schlu, Stand: 26. Oktober 2025 |
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Die Müritz kannte ich bislang nur vom Hörensagen, weil ein - mittlerweile verstorbener Freund - sich dort in den Nach-Wendejahren für kleines Geld ein Häuschen gekauft und renoviert hatte, in dem er viel Ferienzeit verbrachte. Also nahmen wir uns eine Woche Zeit, die Gegend zu erkunden. Die Fewo sollte Blick auf die Müritz haben und über alles Andere wollten wir uns überraschen lassen. Die Fewo hatte definitiv Blick auf die Müritz, allerdings auf jenen Teil, der aus den Anlegestellen der Segel- und Motorboote bestand. Im Sommer hätte man in gut zwanzig Metern vom Wasser auf der Terasse sitzen können, sogar in einem Strandkorb, doch blöderweise hatten wir eine Woche erwischt, in der es grau und regnerisch war und so verarbeiteten wir unsere Bücherkiste, lasen ein Buch nach dem anderen und guckten ab und zu auf die zwanzig Meter entfernte graue Müritz und auf wasserfest eingepackte Touristen. Auch in Mecklenburg-Vorpommern (MeckPomm) waren Herbstferien und so gab es zwei Gruppen von Besuchern: Babyboomer, die die Preise der Nachsaison ausnutzen und Familien mit kleineren Kindern, die rund um den See wanderten, radelten, rannten und kreischten (das waren meistens die Kinder). Unser Müritzblick ging direkt auf den Bootskran und dort war Hochbetrieb, denn die Boote mußten aus dem Wasser und wurden entweder mit dem hafeneigenen Bootskran auf den Hänger geladen, den ein Trecker dann ins Lager fuhr oder das Boot war ein kleines Schiff, das ein Schwerlastkran auf einen Sattelzuganhänger wuchtete. Das ging auch bei schlechtem Wetter. ![]() Im Herbst werden die Boote aus dem Wasser geholt. Ab und zu führte mich der Weg zum Briefkasten auf der anderen Hafenseite und dann konnte man sehen, wie die eingepackten Babyboomer und Kinderfamilien in die Cafés des Hafens strömten und dann aus dem Warmen und Trockenen die Wohnungen angucken konnte, in denen sie wohnten. Grau war die Müritz in dieser Oktoberwoche immer, doch in den Cafés lagen zumindest Prospekte aus, in denen stand, wie Familien ihre Kinder bespaßen könnten. Das ist ja die Haupttätigkeit der Eltern im Urlaub, vor allem hier, denn dieses Gebiet war immer strukturschwaches Land, in dem es außer der Fischerei und der Landwirtschaft nicht viel gab. Die nächste größere Stadt - Neubrandenburg - ist eine Stunde über die B192 entfernt, der ÖPNC setzt viel Zeit voraus und auch die Bahnverbindungen sind nicht doll. Logischerweise gehört zu jeder Fewo ein Parkplatz, für den drakonische Strafen angedroht werden, wenn er unberechtigt genutzt wird. Abgeschleppt werden hier also nicht nur die Boote. ![]() Der Warener Bootshafen bei schlechtem Wetter Nach der Wende mußte sich die Müritzregion neu erfinden, weil die LPGs abgewickelt waren und man außerhalb des Sozialismus nicht mehr genug staatlich gelenkte Arbeit hatte. Mehr oder weniger schnell wurde der Tourismus aus dem Boden gestampft und man entwickelte viel Phantasie, wie man aus der Region einen Anziehungspunkt für den Tourismus machen konnte. Nach jetzigem Stand scheint das gelungen zu sein: Überall ausgelegte und verteilte Prospekte geben einen Einblick davon, was die Eltern mit ihren Kindern anstellen sollen: Man soll den Kletterwald besuchen, das Wisentgehege begucken, Wandern, Radfahren, Schiffchen fahren, den Nationalpark oder das Müritzeum besuchen (ein Naturmuseum), historisch töpfern oder in irgendeinem Spaßpark bespaßt werden. Selbst das Stralsunder Meeremuseum (zwei Stunden Anfahrt) oder Rostocker In-door-Hallen (eine gute Stunde) stehen auf der Empfehlung, doch das ist nix, was man spontan macht. Wer keine Kinder dabei hat, kann ausgiebige Angeltouren besuchen, sich tages- oder wochenweise ein Boot mit und ohne Führeschein ausleihen und überhaupt kann man hier viel Geld loswerden, selbst wenn man Fahrad fährt bis zum Umfallen. Cafés, Restaurants und Schnellfreßbuden lauern an jeder Ecke. Dabei hat Waren eine schöne Altstadt (aber auch eine etwas häßlichere Gegend zwischen Plattenbau und Baumarkt-/Aldi-Paradies). Vor allem, wenn die Sonne durchkommt, ist es schön und weil die alten Stadtteile auf dem Berg liegen, stehen sie auch dicht beisammen und bilden ein mittlelalterliches Ensemble. Auch der Wochenmarkt ist ganz schön und wenn es nicht regnete, war auch etwas los. ![]() Oben: Warens Altstadt auf dem Berg Unten: Der Wochenmarkt auf dem Marktplatz ![]() Im Oktober regnet es allerdings häufiger und weil wir keine Kinderbespaßung mehr machen müssen und dies auch nicht in Zukunft vorhaben, suchten wir Schönes und Kulturelles außer der Altstadt. Kultur fanden wir nicht, doch am Ortsausgang Richtung Röbel, am Eldenholz 42, steht das Fischkaufhaus, das vermutlich die leckersten Fischbrötchen in Mecklenburg hat. Wir kennen zwar die Exemplare der Fischer aus Hiddensee und Sassnitz und den legendären Gosch aus Binz, doch gegen das, was hier angeboten wird, können die anderen Betriebe nicht anstinken. Zentimeterdick liegt der Fisch auf dem warmen Brötchen, jedes Stück wird frisch zubereitet und selbst die Fischsuppe kommt aus einem großen Topf und nicht in portionierten Tassen aus der Mikrowelle. Daneben steht eine gut zehn Meter breite Eistheke, mit allem, was in der Müritz schwimmt - den Rotbarsch vielleicht ausgenommen.
In den Regalen stehen alle möglichen Fischkonserven, Kaviar, Zubehör und als sei es noch nicht genug, gibt es eine Kühltheke mit in Folie verpacktem Wild von zertifizierten Jägern mit Ortsdatum und Abschußdatum (für das Wild, nicht für die Jäger). Man hätte draußen sitzen können, doch es regnete und nachdem wir uns das erste Mal im Auto bekleckert hatten (Remoulade fließt immer nach unten), haben wir besagte Brötchen später hier nur gekauft und in der Fewo genossen. Ein Teller verhindert viel Ferkelei. ![]() Das Beste an Waren: Das Fischkaufhaus Eine Woche Regen in Waren war nicht ganz der Bringer, doch die Fischbrötchen haben alles wieder ausgeglichen. nach oben | |||||