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Die deutschen Kaiser im Mittelalter
Heinrich IV. (1050 - 1106) - Der Wendepunkt
zusammengestellt von Martin Schlu © 2006

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Geburt - Krönung I - Krönung II - Staatsstreich - König - Investiturstreit und Bann I - Canossa - Bann II - Kaiser - Bann III und Wormser Privileg - Gegenkönig I - Bann IV - Gegenkönig II und Ende
 
1050 Geburt
Am 11. November wird Heinrich III. und seiner Frau Agnes von Poitou endlich (!) der Thronfolger geboren, der zunächst den Namen Konrad (nach dem Großvater) erhält. Der Abt Hugo von Cluny (wichtiges Kloster im MA) ändert den Namen auf Heinrich und wird bei der Taufe am nächsten Osterfest Taufpate. Damit hat man eine sehr enge Verbindung zur Kirche.
 
1054 Krönung I
Der Kölner Erzbischof Hermann von Köln krönt den Vierjährigen zum König - der jüngere Bruder Konrad wird dafür Herzog von Bayern. Ein Jahr später wird der fünfjährige Heinrich mit Bertha von Turin verlobt, damit es später mal eine deutsch-italienische Machtkonstellation gibt.
 
1056 Krönung II - Seitenanfang
Als der Vater Heinrich III. stirbt, wird der Sechsjährige zum neuen König gewählt und von Papst Viktor II. standesgemäß in Aachen gekrönt und die Mutter Agnes wird vernünftig beraten, damit in der Vormundschaftszeit nichts schief geht. Bis auf kleinere Unstimmigkeiten klappt es auch: 1060 wird aus Versehen mit Honorius II. ein Gegenpapst installiert, weil Thronfolgeprobleme in Ungarn von der wichtigen Weltpolitik ablenken und man sagt ihr nach, ein Liebesverhältnis mit dem Bischof Heinrich von Augsburg zu haben, ihrem wichtigstem Berater. Dies führt natürlich zu Verstimmungen bei den Reichsfürsten.
 
1062 Staatsstreich - Seitenanfang
Erzbischof Anno II. von Köln probiert einen Staatsstreich und läßt Heinrich anläßlich einer Rheinpartie bei Kaiserswerth (heute Düsseldorf) entführen, übernimmt solange die Regierungsgeschäfte (weil er ja den König hat), kann aber natürlich menschlich nicht mit dem zwölfjährigen König umgehen und wird vom Hamburger Erzbischof Adalbert aus der Macht gedrängt.
 
1065 König - Seitenanfang
Heinrich wird am 29. März für volljährig erklärt, erhält den Ritterschlag (Schwertleite) und nimmt als Heinrich IV. die Regierungsgeschäfte auf. man kann gerade noch verhindern, daß der verhaßte Anno II. von Köln erdolcht wird - die Entführung hat ihm Heinrich nicht verziehen. Ein Jahr später wird Bertha von Turin geheiratet, nach drei Jahren versucht Heinrich eine Scheidung, doch dies ist im Mittelalter zwecklos. Also lebt man getrennt. Zwischendurch machen die Sachsen noch Ärger, könne aber in der Schlacht an der Unstrut (1075) besiegt und in Zukunft in Schach gehalten werden.
 
1076 Investiturstreit und Bann I - Seitenanfang
Die Auseinandersetzung zwischen Papst Gregor VII. und Heinrich IV. geht um die Frage, wer wen einsetzt: der König den Papst oder der Papst den König/Kaiser (Investiturstreit). Ausgelöst wird dies durch die Praxis, daß weltliche Herrscher Bischöfen größere Gebiete leihweise überlassen (zu Lehen), sie dort im Amt einsetzen, ihnen als Zeichen der geistlichen Macht Bischofsring und Krummstab überreichen und ihnen ihre Klöster zuweisen, in denen wiederum die Bischöfe relativ autark sind. Als 1071 Papst Gregor VII. im Falle des Erzbischofs von Mailand einen Gegenbischof einsetzt, kommt es zur Auseinandersetzung zwischen Papst und König und als der Kandidat 1075 ermordet wird, setzt der König weitere Erzbischöfe ein, um sich nicht das Heft aus der Hand nehmen zu lassen. Der Papst bannt darauf die königlichen Ratgeber und die Situation spitzt sich zu, denn Heinrich fordert nun als Reaktion den Papst zur Abdankung auf, weil sich dieser in königliche Belange eingemischt hat. Gregor exkommuniziert König Heinrich darauf und nimmt ihm damit die Grundlage der gottgegebenen Herrschaft, hat damit den König entscheidend geschwächt und nun muß dieser, wenn ihn die Fürsten nicht abwählen sollen, das geistlichen Oberhaupt wiederum um Verzeihung bitten - eigentlich eine absurde Sitauation, weil geistliche und weltliche Macht sich bisher ergänzten und nun miteinander konkurrieren. Jedenfalls zwingen die Fürsten Heinrich im Oktober, eine Aussöhnung mit dem Papst herbeizuführen - wie, ist ihnen egal.
 
Canossa - Seitenanfang
Nur deshalb kommt es im Januar 1077 zum berühmten Gang nach Canossa, wo der Papst bei Mathilde von Tuszien, Heinrichs Gegenspielerin, Unterkunft gefunden hat, damit er, wenn der hohe Schnee geschmolzen ist, nach Deutschland kann, um dort Heinrich kirchenrechtlich abzuurteilen. Es ist ein ausgesprochen harter Winter, als Büßer hat man bestimmte kirchliche Regeln zu beachten, wie Kutte, Barfüßigkeit und Strick um die Hüften, und auch, wenn Heinrich sicher nicht immer barfuß durch den Schnee gelaufen ist, kann der Papst die Vergebung nicht verweigern. Um sich nicht für immer unglaubwürdig zu machen, löst er ihn also am 28. Januar zähneknirschend vom Kirchenbann, setzt ihn aber nicht mehr als König ein - was er als Papst eigentlich auch gar nicht kann, denn das ist wiederum Sache der Fürsten, die ihrerseits auf ein gottgefällig Werk achten müssen - politisch ist die Situation ziemlich verworren.
Nach der päpstlichen Entscheidung ist Heinrich formell nicht mehr König von Gottes Gnaden . Sein Seelenheil interessiert die Fürsten nicht so sehr wie sein Machtverlust und so wählen sie im März Rudolf von Rheinfelden als Gegenkönig, allerdings unter der - vom Papst diktierten - Bedingung, keine Bischöfe mehr einzusetzen. Hier findet die allgemeine Trennung von Staat und Kirche statt, ein ganz neuer Vorgang, der bis heute Auswirkungen auf staatliche Politik hat - auch wenn dies den Kontrahenten zu diesem Zeitpunkt vielleicht nicht so gegenwärtig ist. Heinrich spricht daraufhin über seinen Kontrahenten die Reichsacht aus und erklärt ihm den Krieg, denn natürlich fühlt er sich immer noch als König.
 
1080 Bann II - Seitenanfang
Der Papst bannt Heinrich im März erneut, der mit Erzbischof Wibert von Ravenna daraufhin einen Gegenpapst aufstellt - nun gibt es Papst und Gegenpapst, König und Gegenkönig.
Im Oktober 1080 wird Rudolf in der Schlacht von Hohenmölsen (bei Merseburg) tödlich verwundet und Heinrichs Position ist gestärkt, denn nun kann er gegen Rom ziehen, wo er 1081 ankommt.
 
1084 Kaiser - Seitenanfang
Nach zweijähriger Belagerung nimmt Heinrich im März Rom ein und inthronisiert am 24. März Wibert als Papst Clemens III: Als Gegenleistung krönt dieser Heinrich am 31. März 1084 zum Kaiser. Wenig später stirbt Gregor (25. Mai 1085), damit hat Heinrich seine Stellung ausgebaut und den Konflikt vorerst gewonnen.
 
1090 Bann III - Wormser Privileg - Seitenanfang
Heinrich hat im Prinzip ganz Italien unterworfen, als es Familienprobleme gibt: der Sohn Konrad distanziert sich von ihm und bricht die Treue, die zweite Ehefrau, die er hat einsperren lassen, bricht aus und läuft zum Feind über und als erzählt wird, der König habe seinen (abgefallenen) Sohn Konrad sexuell mißbraucht, wird Heinrich zum drittenmal exkommuniziert, diesmal von Papst Urban II., der von den "Gregorianern" in Stellung gebracht wurde. Erst als Heinrich eine Einigung mit den bairischen Welfen (Welf IV. und Welf V.) schafft, kann er wieder ins Reich zurück - in Regensburg ist er sicher.
Im Wormser Privileg werden von Heinrich die Rechte der Juden festgeschrieben: Lebensrecht, Schutz von Leben und Eigentum, Erlaubnis wirtschaftlicher Betätigung und freier religionsausübung, außerdem Erlaubnis zur Beschäftigung Angestellter, Autonomie und Rechtssicherheit bei gerichtlichen Verfahren - nach heutigen Gesichtspunkten eine bahnbrechende Leistung.
 
1093 Gegenkönig I - Seitenanfang
Der älteste Sohn, Konrad, wechselt auf die Seite Papst Urbans II. und macht sich damit zum Gegenkönig seines Vaters. Dafür verspricht ihm der Papst Unterstützung gegen Heinrich und die Kaiserkrönung, wenn der Vater endlich besiegt ist. Heinrich bekommt dies natürlich mit, setzt dafür Konrad im Mai 1098 auf dem Mainzer Reichstag als Mitkönig ab und proklamiert seinen nächsten Sohn Heinrich (V.) zum Nachfolger - allerdings mit der Klausel, sich gefälligst nicht in die Regierung einzumischen
 
1100 Bann IV - Seitenanfang
Al Papst Clemens III. stirbt, verzichtet Heinrich zwar auf die Einsetzung eines Papstes, dies tun aber dafür die "Gregorianer" und dieser Papst exkommuniziert Heinrich gleich nochmal:. Zum Glück ist Konrad schon in Florenz gestorben (1101), so daß man nur noch den Papst in den Griff kriegen muß. Dies dauert allerdings länger.
 
1105 Gegenkönig II und Ende - Seitenanfang
Der zweite Sohn Heinrichs nimmt den Vater gefangen und zwingt ihn am 31. Dezember auf der Ingelheimer Kaiserpfalz zur Abdankung. Nachdem der Sohn am Dreikönigstag 1106 zum König Heinrich V. proklamiert wurde, kann der Vater Heinrich IV, fliehen. In Lüttich, wo er die halbwegs sicher ist, versucht er den Widerstand gegen seinen Sohn zu organisieren, allerdings stirbt er am 7. August dort, bevor er ein Heer aufstellen kann und damit wird vermutlich ein Bürgerkrieg verhindert. Erst ein Jahr später, nachdem die Kirchenbanne aufgehoben sind, wird er in der Afra-Kapelle des Doms zu Speyer beigesetzt, neben Konrad II. und Heinrich III.
 
 
Literatur:
Weinfurter, Stefan: Canossa. Die Entzauberung der Welt. Verlag C.H.Beck
Link:
http://de.wikipedia.org/wiki/Heinrich_IV._(HRR)
 
Ausstellung zum 900. Todestag Heinrichs im Historischen Museum Speyer und einer Kopfrekonstruktion aus Wachs, die dieses Jahr erstellt wurde. (bis 15. Oktober 2006, Di - So 10 - 18 Uhr)
 
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