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Spätrenaissance - Jochim Schlu


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Biographie Jochim Schlu (1563 - 1624)
erstellt von Martin Schlu ©2005 / letzte Ergänzung am 18. Oktober 2021
Vorfahren  zum Text
 
Aus den Akten der Universität Rostock, A. Hofmeister: J. Schlu in ADB (Allgemeine deutsche Biographie), Bd. 31, 1890 A -Z:

"Wahrscheinlich 1563 in Rostock geboren, als Sohn von Hans Slude und Anna. Vater früh verloren. 1572 Mutter zum 2. Mal verheiratet. Erbteil 250 Mark sundisch. 1577 in dem hansischen Comptori zu Bergen, um bei Harm Tiemann aus Lübeck die Kaufmannsschaft zu lernen. 1592 wieder in Rostock. Schwiegervater Jasper Buck. 1606 Bürger und Bargerfahr zu Rostock (Bürger u. Bergenfahrer). Er ist Mitglied der Bergenfahrer-Comp. in Rostock."
 
1563
vermutlich in diesem Jahr wird Jochim Schlu in Rostock geboren, seine Eltern sind Hans und Anna Schlu, der Geburtsname der Mutter ist nicht erhalten. Im Grundregister Rostock findet sich unter der Nummer 506 ein Eintrag über ein Gebäude, das einstmals Schlu gehört hat "olim Schlu", aufgrund der geringeren Paginierung (fol 40v) könnte dies ein Hinweis für das väterliche oder großväterliche Haus sein. Die Lagebezeichnung ist "Tarnow Nr. 1721".
Rostocker Grundregister Teil 1, 1600-1820, hrsgg. v. Ernst Münch, Nr. 506, S. 174)
 
1572
Anna Schlu verheiratet sich nach dem Tode ihres Mannes Hans Schlu mit Jasper Buck, zu diesem Zeitpunkt gibt es die Kinder Anneke, Hans und Jochim.
(Witschop-Buch von 1586-1575 Fol. 31, 1572, zit nach Freybe, Abhandlung S. 4 a.a.O)
 
1577
Jochim Schlu kommt als Knabe auf das Hansekontor nach Bergen, unterzieht sich der lutherischen Erziehung und lernt derart das Orgelspiel, daß er sich „in der Kirche auf den Orgeln brauchen liess"
(zit. nach Freybe, Abhandlung S. 21 a.a.O).
 
Nach seinen Aussagen ist er damals vierzehn Jahre alt, so daß wir sein Geburtsdatum (1563) errechnen können. Das Alter paßt auch in die Zeit, in der man üblicherweise eine Lehre beginnt. Harm Tiemann aus Lübeck ist sein Ausbilder und Betreuer in Bergen.
 
Gründe für die Ausbildung in Bergen könnten sein, daß die Familie nicht unvermögend war und es sinnvoll erschien, eine Ausbildung zu beginnen, die das Vermögen mehren konnte. Rostock war Hansestadt und natürlich gab es für eine vermögende Familie immer die Möglichkeit, sich am Hansehandel mit einer Beteiligung finanziell zu verbessern. Bergen hatte eine deutsche Niederlassung, das Kontor in "Bryggen", eine Sammlung von sechzig Warenspeichern am Hafen, die durchhölzerne Brücken verbunden waren, ähnlich der späteren Hamburger Speicherstadt. Die Ausbildung als Kaufmann dort galt als hart, aber gut und Absolventen hatten in der Regel gute Möglichkeiten sich wirtschaftlich hochzuarbeiten.

Erhaltene Holzhäuser des mittelalterlichen Hansezentrums Bryggen“ in Bergen


Erhaltene Holzhäuser des mittelalterlichen Hansezentrums Bryggen“ in Bergen

Zum deutschen Kontor in Bergen gehörte auch die Marienkirche, die 1702 abgebrannt ist und die Martinikirche (St. Marten). Dort hat Jochim Schlu Organistendienste verrichtet, er muß also einen Mindeststandard an Katechese, Liturgik und Orgelspiel erreicht haben und seine Kompositionen "Der Engel Gesanck" in der "Comedia" belegen eine profunde Kenntnis der damaligen Theorie und Kompositionslehre.
 
Möglich, dass er den Katechismus erst in Bergen lernte..."
Quelle: Albert Freybe, Nachwort, S 21 (a.a.O)

Die Bergener Marienkirche
Die Bergener Marienkirche (Foto: Erlend Bjørtvedt (CC-BY-SA), wikipedia)


Jochim Schlu hat die kaufmännische Ausbildung offensichtlich erfolgreich durchlaufen, da er sich später "Bargenfahrer" nennt, eine Bezeichnung, die nur die führen durften, die in die Kaufmannsgilde aufgenommen wurden. Man kann davon ausgehen, daß er dort auch sein Vermögen vergrößern konnte. Vermutlich hatte Jochim Schlu mit dem Melanchton-Schüler Hinrich Husanus Kontakt, der ca. 1536 geboren wurde und als Jurist, Theologe und Diplomat Karriere machte.
 
1588
Jochim Schlu ist wieder in Rostock ansässig (Am Burgwall)

 
1592
Jochim Slue quittiert Jasper Buck seinen Erbteil und den Erbteil des Bruders Hans ( zit nach Freybe, Abhandlung S. 4 a.a.O), so daß dieser vermutlich 1592 gestorben ist.

 
1594/95
Im Rostocker Grundregister findet sich für dieses Jahr ein Grundbucheintrag, nach dem Jochim Schlu für ein Gebäude am "Borchwall" sieben Anteile für den "Hundertsten Pfennig", eine Art Grundsteuer zu zahlen hatte. Demnach könnte er von seinem Erbteil dieses Haus erworben haben (fol 121v). Die Vorbesitzer waren Peter Peterssen und Baltzer Hane. Jochim erscheint im Grundregister als "Jochim Schlu, Kaufmann (?), auf dem Gebäude lasten in diesem Jahr noch Hypotheken ("Renten oder Kapitalien" an "St. Jurg", "St Catarinen" und "Den Fratern"), so daß man vermuten darf, Jochim habe sich die Finanzierung über eine Art geistliches Stiftungsprinzip erkauft - ein üblicher Vorgang, der heute etwas dem Bauen auf Rentenbasis entspricht.Die Lagebezeichnung ist "Tarnow Nr. 1366".
(Rostocker Grundregister Teil 2, 1600-1820, hrsgg. v. Ernst Münch, Nr. 945, S. 343) 

Der “Borchwall“ heißt heute Burgwall und ist immer noch die Verbindung von der Marienkirche zum Stadthafen am Warnowufer, auch wenn heute die vierspurige Bundesstraße 105 am Fluß entlangführt. Die Anlage des Burgwalls ist aber noch zu erkennen.

 
Der obere Burgwall am Nachmittag aus der Warnow-Richtung zur Marienkirche hin. (Foto: Martin Schlu 2013)

 
Comedia von dem frommen, gottfürchtigen und gehorsamen Isaac
Jochim scheint auf den langen Seefahrten zwischen den Hansestädten Bergen, und den deutschen Zentren Zeit zum Schreiben gefunden haben. Was er insgesamt gechrieben hat, weiß man nicht, doch es wird mehr als nur ein einzig erhaltenes Werk gewesen sein, denn der Schreibstil ist ausgereift und lässt auf einen erfahrenen Schiftsteller schließen, auch wenn er eine Vorlage hat, den  „Abraham" von Georg Rollenhagen, der am 20. Februar 1569 erstmals im Magdeburgischen Gymnasium aufgeführt wurde (1) . Immerhin wird dieses Werk gedruckt und verkauft. Erst im 19. Jahrhundert befaßt sich der Gymnasiallehrer Alfred Freybe mit dem längst vergessenen Schlu und schreibt über ihn:
 (1)   „Was wir dann von der Person und dem Leben des Verf. wissen, beschränkt sich bis dahin (2) auf die Mitteilungen, die er selbst auf dem Titelblatt, in der Widmung und Vorrede gibt. Dort nennt er sich nicht nur Bürger, sondern auch Bergenfahrer, betont also, dass er einer so bedeutenden hanseatischen Kaufmannsgilde angehöre, wie die war, welche den Handel mit dem Norden betrieb. Danach dürfen wir annehmen, dass er ein wohlhabender Mann gewesen ist. Auf das Kontor war er als Knabe 1577 gekommen, also später als Hinrich Husanus (3)

(1) zit. nach: Des Bergenfahrer Joch. Schlu's Comedia von dem frommen, gottfürchtigen und gehorsamen Isaac. Ein Schriftdenkmal der deutschen Hansa mit Act IV und V aus Georg Rollenhagens Abraham. Zwei Zeugnisse lutherischen Glaubens herausgegeben und behandelt von Dr. Albert Freybe. Zweite erweiterte Auflage. Norden und Leipzig. Diedr. Soltau's Verlag 1892 8°. VII, 144 Seiten Text und 80 Seiten Abhandlung.)

(2) Doch gibt hoffentlich Hofmeister in der Allgem. deutschen Biographie bald nähere Auskunft)

(3), geb. um 1536, am 31. 5. 1553 in Wittenberg als Student eingeschrieben, Schüler Philipp Melanchtons (1497-1560), gest. 1587 , Jurist, Diplomat, lüneburgischer Syndikus .

1606
Schlus (nun nennt er sich "Schlue") „Comedia" erscheint in Rostock im Druck.


 
1612 (andere Überlieferung sprechen von 1613) 
Jochims Ehefrau, Anna, geb. Peters stirbt und hinterläßt ihm die Kinder Ilsebe (später verheiratet mit Albrecht Iken), Gertrud, Hans, Albrecht und Joachim.
"Es seint auch in diesem 1612 jahre sonsten viele vornehme burger und frawen gestorben, als: des balbires, erste fraw, Jochim Schluen erste fraw, Mathias Linsen..." (Schorler, 52, Eintrag 191)

 
1624
Nach Auskunft des Rostocker Stadtarchivs vom 20.8.1958 (Dr. Thierfelder) starb Jochim Schlu wahrscheinlich während der Rostocker Pest.
"...Demnach in diesem jahre die peste etwas angefangen und grassiret, als seint in derselben, wie den auch sonsten ausser der peste, viele feiner burger und gesellen, frawen und jungfrawen darin hingegangen, als: ....Petrus Boddiker, Jochim Schlu, Hans Vagett.....  (Schorler, 116, Eintrag 481)

 
1627
wird Jochims Witwe Catrine, geb. Hagemeister, erwähnt, also die zweite Ehefrau nach Anna. Über Jochims Schwester Anneke ist nichts weiter bekannt, sie ist 15xx geboren und 16xx gestorben.
 
1629
Im Grundregister Rostock ist Hans Schlu ab dem 14. September 1629 ("Hans Schluehen") als Besitzer eines größeren Anwesens mit zwei Kellern und einer höheren Grundsteuer als dem Gebäude am Burgwall benannt. De Lage des Gebäudes ist "Tarnow Nr. 4,5" eine Lagebezeichnung spricht von "Gegenvber Die Osterseite Versus Beginenberg"
Gegenüber der Ostseite des „Beginenberg“ (seit 1308 als „mons bagginarum“ bezeichnet) eine Höhenlage zwischen Steinstraße und Kuhtor), in der die  „Beginen“ lebten, Angehörigen eines Laienordens. Das wäre etwa in Höhe der heutigen Hausnummern 24 und niedriger.   MS)
Offensichtlich konnte der Sohn Hans das Erbteil vermehren und verkaufte nach dem Tod des Vaters/der Eltern(?) das elterliche Haus. Das neu erworbene Haus behält Hans (bzw. seine Erben) bis zum 3. November 1677, dann gehört es "Marien Borchwarts"
(Rostocker Grundregister Teil 2, 1600-1820, hrsgg. v. Ernst Münch, Nr. 1430/1431, S. 521f)
 
 
Kinder Jochim Schlu und Anna Schlu

Hans Schlu (16xx -17xx)
Ilsebe Iken, geb. Schlu

Gertrud
Albrecht Schlu (um 1635-1647 in Rostock erwähnt)
Joachim Schlu

 
Quellen:
Familienarchiv Schlu,
Rostocker Grundregister Teil 1, Einleitung, Neustadt 1600-1820, hrsgg. v. Ernst Münch, Rostock 1998)
Rostocker Grundregister Teil 2, 1600-1820, hrsgg. v. Ernst Münch, Rostock 1998)
Rostocker Grundregister Teil 3, 1600-1820, hrsgg. v. Ernst Münch, Rostock 1999)
Schorler, Vicke: Rostocker Chronik 1584-1625, Rostock 2000
Stadtarchiv Rostock (mit herzlichem Dank an Dr. Karsten Schröder)
http://www.lexikus.de/bibliothek
am 18.10.2021