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Lübeck
Text und Fotos: © Martin
Schlu seit 2008, Stand: 15. Juni 2025
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- zurück - zur Hansestadt
- Marienkirche - Buddenbrookhaus
- Lübeck,
die alte Hanse- und Kulturstadt, lohnt eigentlich immer einen Besuch,
wenn man im Großraum zwischen Hamburg, Kiel und Stralsund ist.
Literaten zieht es zu Thomas Manns und Günter Grass' ehemaligen
Wohnhäusern, Musikbegeisterte klappen die großen Lübecker Kirchen mit
ihren Orgeln und Organisten ab, Geschichtsinteressierte erarbeiten sich
die Strecke zwischen der Puppenbrücke, dem Holstentor und dem alten
Hafen und die Pubertiere läßt man mit ein bißchen Geld einfach über die
Breite Straße laufen - zwischen Mac Doof, Hunkemöller und Kaufhof gehen
sie nicht verloren. Ich selbst war das erste Mal um Ostern 2005 da, wir
hatten unweit der Stresemannstraße für eine Woche eine große Wohnung,
liefen jeden Tag über die Mühlenbücke in die Altstadt und haben damals
einen ersten Überblick über die Stadt bekommen. In der Folgezeit waren
wir - meisten von Mecklenburg-Vorpommern kommend - immer mal wieder für
ein bis zwei Tage da und nun fühle ich mich so fit, einen Artikel über
die Stadt zu schreiben. Ihre große Zeit hat Lübeck unzweifelhaft als
Hanse-Stadt hinter sich, doch sie hat natürlich viel mehr zu bieten als
nur die übliche Marienkirche und das übliche Rathaus - die sind
allerdings in den meisten Hansestädten bis nach Stralsund irgendwo
ähnlich. Also diesmal geht es nicht um die Hanse (wer das lesen will, benutze den Link), es geht mehr um das, was etwa ab dem 17. Jahrhundert wichtig ist.

Lübecks sieben Türme: Jakobikirche, der Dachreiter der Katharinenkirche, die Doppelspitze des Doms, die Doppeltürme der Marienkirche und die Petrikirche.
- Die
beste Ansicht von Lübeck hat man natürlich vom Wasser, aber die
wenigsten kommen von der Wakenitz in die Stadt, die meisten fahren mit
dem Auto. Je
nachdem, woher man kommt, sieht man die Skyline (etwa von Hamburg
kommend) oder kommt über Lübeck-Schlutup herein (vom Ostseeraum). In
beiden Fällen muß man sein Auto loswerden und das geht am besten im
Bereich der Marienkirche, etwa Bäckerstraße, Abzweig Fünfhausen.
Dort gibt es ein Parkhaus „St. Katharinen“, das ausgesprochen preiswert
ist und wenn man rauskommt und sich links hält, ist man bereits an der
Mengstraße. Dort hat man die Wahl zwischen dem „Buddenbrookhaus“ und
der Marienkirche, die sich praktischerweise gegenüberliegen.
- Marienkirche
- Die
Marienkirche ist natürlich nicht die älteste Kirche der Stadt, aber sie
zeigt ein Phänomen auf, das man heute noch von Jungen aus dem
Sportunterricht kennt: Die Geldgeber, die Lübecker Kaufleute, wollten
einen Kirchturm haben, der deutlich größer war als der des Bistums
Lübeck, denn der Dom hatte damals (1247) gut 114 Meter und die
Kaufleute finanzierten „ihren“ Turm bis gut 125 Meter. Damit war er bis
zur Vollendung des Kölner Doms die höchste Doppelturmkirche der Welt
(Dom: 156 Meter) und der kirchliche Größenvergleich bedeutete für die
Lübecker Kaufleute einen gewissen Statuszuwachs (Jungen im
Sportunterricht) und damit auch mehr Macht gegenüber dem Bistum. zurück

- links die Marienkirche mit ihrem Doppelturm; rechts das Lübecker Rathaus mit der davor gesetzten Barockfassade - wie in Rostock
- Im Übrigen war die Marienkirche das Ziel eines gewissen Johann Sebastian Bachs,
der 1705 zu Fuß vom etwa 400 km entfernten Arnstadt aufbrach um den
berühmten Organisten Buxtehude spielen zu hören und der dafür so seinen
Urlaub überzog, daß er fast hinausgeflogen wäre. Buxtehude war damals
war damals
68 Jahre alt, seit 44 Jahren als Organist an der Marienkirche angestellt und wollte sich zur Ruhe setzen.
- Es
war damals bei diesen Lebensstellungen allerdings üblich, daß der
Organist seinen Nachfolger mit der eigenen Tochter verheiratete und zum
Schwiegersohn machte, damit das Amt in der Familkie blieb. Dies hatte
Buxtehude selbst bei seinem Vorgänger so getan (Franz Tunder, geb. 1614
in Lübeck, gest. am 5. November 1667 dort) und es kam gar nicht
in Frage, von dieser Tradition abzugehen. Also mußte er seine etwas
dickliche Tochter Anna Margareta seinem Nachfolger anbieten. Buxtehude
hätte 1705 zwar gerne Bach als Nachfolger gesehen, doch der war damals
in seine etwas dünnere Kusine Maria Barbara verliebt und heiratete sie
auch später. Bereits vorher, 1703, hatte Johann Mattheson seinen Freund
und Kollegen Georg Friedrich Händel wohl eher aus Neugier zu
Buxtehude begleitet. Beide hatten sich zwar pro forma für die
Stelle beworben, doch Mattheson wollte auch nicht heiraten und Händel
hatte gerade seine Karriere am Hamburger Opernhaus begonnen und
wollte wohl nur seinen Marktwert testen. Es kam also nicht zur Hochzeit
mit einem der drei Genies und so heiratete Maria Barbara zwei Jahre
später einen gewissen Johann Christian Schieferdecker, der bis 1732 in
der Marienkirche die Orgel „schlug“ (so nannte man das damals - heute
„spielt“ man sie, auch wenn es keine Spielerei ist), nachdem Buxtehude
1707 gestorben war.
- Buxtehude
und Bach spielte wohl damals auf der sogenannten „Totentanz-Orgel“, die
seit 1477 in Gebrauch war. Sie war die Orgel am „Totentanz-Altar“,
diente ursprünglich für die Totenmessen und wurde im Barock zur großen
Orgel ausgebaut - unter anderem von Friedrich Stellwagen, der auch die große Orgel der Stralsunder Marienkirche gebaut hat. Beim
Bombenangriff auf Lübeck im März 1942 wurde die Totentanzorgel vernichtet. Die neu
aufgebaute
Nachfolgerin ist allerdings mittlerweile von Schimmelbefall bedroht, wie die
Lübecker-Sonntagszeitung heute (27.7.2014) meldet.
- In
der Marienkirche findet sich eine Tafel zur Ehrung Buxtehudes und die
Lübecker Musikhochschule hat etliche hervorragende Studenten, die
aufgrund der Lübecker Orgeltraditon hier studieren und eben nicht in
Köln oder in Hamburg. Die Buxtehude-Tage an der Marienkirche sind jedes Jahr ein musikalisches Ereignis.
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- Links
- zur Marienkirche und zur Orgel - am 15. Juni 2025 überprüft
- http://de.wikipedia.org/wiki/Marienkirche_(L%C3%BCbeck)
- hhttp://de.wikipedia.org/wiki/L%C3%BCbecker_Dom
- https://www.st-marien-luebeck.de/musik/die-orgeln-an-st-marien
- https://www.shz.de/lokales/luebeck/artikel/marien-orgeln-droht-der-verfall-41448345
- http://www.shz.de/schleswig-holstein/panorama/ein-job-mit-fitnessgarantie-id562951.html
https://organindex.de/index.php?title=Lübeck,_St._Marien_(Totentanzorgel)
Das
Innere der Marienkirche ist schön, aber nicht überwältigend - bis auf
die Deckenhöhe von knapp vierzig Metern, denn damit ist diese Kirche
das höchste Backsteingewölbe der Welt (38,5 Meter). Der Gedenkstein für
Buxtehude ist einfach und das Innere ist ausgesprochen schlicht - eine
Folge der Zerstörung und des Ausbrennens von 1942. Ein paar Malereien
aus dem 13./14. Jahrhundert haben alles überstanden. Sie waren unter
dem Putz geschützt und wurden beim Reparieren und Restaurieren
entdeckt. Am beeindruckendsten sind die beiden Glocken, die beim Brand
des Kirchturms herunterfielen und zersprangen. Sie liegen bis heute an
der Stelle, an der sie aufschlugen.

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- Buddenbrookhaus
- Thomas
Mann ist in Lübeck allgegenwärtig. Das Buddenbrookhaus ist daher nur
ein erster Einstieg in die Lübecker Bezüge in seinem Werk. Wer das Buch
“Buddenbrooks“gelesen
hat, weiß, daß es um den Niedergang einer Lübecker
Kaufmannsfamile geht und dieser Niedergang wird detailgenau
beschrieben. Das Wohnhaus Thomas Manns in der Mengstraße kann dabei als
Stütze dienen, denn es ist sehr typisch für die wohlhabenden
Kaufmannsfamilien des 18. und 19. Jahrhunderts. Die Signatir über dem
Eingang beschreibt die Erbauung 1785, es gibt eine große Eingangshalle
und eine viel größere „belle etage“ im
ersten Stock, die Schlafzimmer für ca. sechs bis acht Pwersonen liegen
im zweiten Stock und vier Dienstmädchenkammern unter dem Dach. Nach
hinten heraus ist das Haus erheblich größer - ein Phänomen, das auch
typisch für die Professorenhäuser der Bonner Südstadt ist, weil sich
hinter dem Haus oft noch fünfzig Meter Garten verstecken. Hier gibt es
keinen Garten, aber das Haus geht etwa dreißig Meter nach hinten heraus
- man sieht es nur nicht.

- Unten
ist die Kasse und ein kleines Lädchen, oben sind die eigentlichen
Ausstellungsräume. Es geht natürlich immer um „Die Manns“, diese
Künstlerfamilie mit den schreibenden Brüdern Heinrich und Thomas, den
künstlerischen und intellektuellen Kindern Erika, Klaus, Golo, Monika,
Elisabeth, Michael, dem angeheirateteten Anhang - allein diese
Familiengeschichte ist eine eigenes Opus und es hat auch eine
Verfilmung von Heinrich Breloer gegeben, die dies hervorragend
beschreibt. Daß man sich die Buddenbrooks-Verfilmung ansehen sollte ist
auch klar, doch es gibt viel mehr zu entdecken - wenn auch nicht
unbedingt in diesem Hause. Ich habe als Geschichtsstudent natürlich
Golo Manns Wallenstein-Biographie gelesen, habe mich mit Klaus Manns
Roman „Mephisto“ und der Figur Gustav Gründgens auseinandergesetzt -
wenn man deutsche Geschichte des 20. Jahrhunderts nachvollziehen will,
geht es am besten über diese Famile.
- Kleine Details aus der Familiensaga „Buddenbrooks“ lassen sich überall in Lübeck nachvollziehen, man muß nicht lange suchen:
- Man saß im »Landschaftszimmer«, im ersten Stockwerk des weitläufigen alten Hauses in der Mengstraße, das die Firma Johann Buddenbrook vor einiger Zeit käuflich erworben hatte und das die Familie noch nicht lange bewohnte. ...
- ...
es war frühzeitig kalt geworden. Draußen, jenseits der Straße, war
schon jetzt, um die Mitte des Oktober, das Laub der kleinen Linden
vergilbt, die den Marienkirchhof
umstanden, um die mächtigen gotischen Ecken und Winkel der Kirche pfiff
der Wind, und ein feiner, kalter Regen ging hernieder. Madame
Buddenbrook, der Älteren, zuliebe hatte man die doppelten Fenster schon
eingesetzt....
- ...Das Glockenspiel von St. Marien
setzte mit einem Chorale ein: pang! ping, ping – pung! ziemlich
taktlos, so daß man nicht recht zu erkennen vermochte, was es
eigentlich sein sollte, aber doch voll Feierlichkeit, und während dann
die kleine und die große Glocke fröhlich und würdevoll erzählten, daß
es vier Uhr sei, schallte auch drunten die Glocke der Windfangtür
gellend über die große Diele...
- Manche Anspielungen auf die 1948er Revolution erklären auch die Denkweise der Kaufleute über das dumme Volk, die „Canaille“:
-
»Je,
Herr Kunsel«, sagte Corl Smolt ein bißchen eingeschüchtert; »dat is nu
allens so as dat is. Öäwer Revolutschon mütt sien, dat is tau gewiß.
Revolutschon is öwerall, in Berlin und in Poris …«
»Smolt, wat wull Ji nu eentlich! Nu seggen Sei dat mal!«
»Je, Herr Kunsel, ick seg man bloß: wi wull nu 'ne Republike, seg ick man bloß …«
»Öwer du Döskopp … Ji heww ja schon een!«
»Je, Herr Kunsel, denn wull wi noch een.«
- Doch
es gibt auch versteckte Anspielungen, z. B. die auf „Jimmerthal“, einen
Mitschüler von Tonio Kröger. Dieser Jimmerthal (1809-1886) war von 1845
bis 1886 Organist an der Marienkirche, hat im Roman allerdings den
Namen Edmund Pfühl und spielt - skandalös - „neue Musik“ (Richard
Wagner) - kurz gesagt Buddenbrook ist Lübeck und Lübeck ist
Buddeenbrook. Eigentlich kann man mit dem Buch in der Hand durch Lübeck
laufen.
- Links zur Familie Mann - am 15. Juni 2025 überprüft
- Thomas, Katia und Heinrich Mann
- http://de.wikipedia.org/wiki/Die_Manns_%E2%80%93_Ein_Jahrhundertroman
- http://www.youtube.com/watch?v=-yjMWFuUIrU
- http://de.wikipedia.org/wiki/Buddenbrooks_(2008)
- Buddenbrooks
- http://www.st-marien-luebeck.de/hermann-jimmerthal.html
- Das Literarische Quartett über Thomas Mann
- http://www.youtube.com/watch?v=TzPaFl1H-Ts
- Erika Mann
- http://www.youtube.com/watch?v=S3U2etJ2XFc
- Klaus Mann
- http://de.wikipedia.org/wiki/Mephisto_(Film)
- Golo Mann im Interwiev
- https://www.youtube.com/watch?v=XA8S3pFdGFY
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