www.martinschlu.de


Frühbarock - Schütz und der Krieg 1627 - 1649


Barock
Frühbarock

Anfangsseite Schütz

Köstritz:
1585 1597 1598 1605 1609

Venedig:
1610 1611 1612

Dresden:
1613 1614 1615 1616 1617 1618

Hochzeit
1619 1620 1621 1622 1623 1624 1625 1626

Kummer und Krieg:
1627 1628 1629 1630 1631 1632 1633 1634 1635 1636 1637 1638 1639 1640 1641 1642 1643 1644 1645 1646 1647 1649

Alter und Ende
1650 - 1672

Zeittafel

Werke

Literatur

© Martin Schlu 2005, 23. Jan. 2022

zurück - weiter
 
1627 - Seitenanfang
Das fünfte große Werk Schütz' wird vollendet, der „Becker-Pasalter“ (opus 5). Es handelt sich hier um insgesamt 159 Vertonungen Schütz' zu Liedtexten des Cornelius Becker von 1602 zum gottesdienstlichen Gebrauch. Als Veröffentlichungstag wird der 6. September gewählt, der Todestag Anna Magdalenas.
 
1628 - Seitenanfang
Der mittlerweile elf Jahre andauernde Krieg macht sich nun auch in Dresden bemerkbar und die Gehaltszahlungen werden unregelmäßig. Schütz reist daher noch einmal nach Venedig um sich mit Monteverdi auszutauschen, denn in Dresden ist momentan nicht viel zu tun. Da er schon einmal in Italien ist, geht er in Cremona beim Geigenbauer Amati vorbei und bestellt für die Hofkapelle vier Violinen und Bratschen, die er im Sommer 1629 abholen will. Monteverdi trifft er vermutlich erst im Dezember, als dieser seine „Intermedien“ in Parma zum ersten Mal aufführt.
 
1629 - Seitenanfang
Am 29. Juni schreibt Schütz, er habe alles erledigt, die Instrumente abgeholt und käme nun nach Hause. Der Rückweg führt ihn - wie schon früher - wieder über Augsburg, doch seit dem 8. August ist die Stadt von den Katholischen Truppen besetzt, die den Protestantismus verboten haben. Als die Augsburger deshalb auswandern wollen, wird ihnen dieses auch verboten, denn ohne katholische Untertanen ist das Land ja nichts mehr wert. Johann Georg schreibt zwar einen Protestbrief - mehr traut er sich nicht - , doch es ändert für die protestantische Stadt überhaupt nichts. Trotzdem schafft es Schütz mit seinen Instrumenten und Noten von Venedig und Cremona aus in die katholisierte Stadt zu kommen und dort vor den protestantischen Patriziern ein geistliches Konzert zu geben.
 
Nach seiner Rückkehr nach Dresden bezieht er ein großes Haus zwischen der (alten) Frauenkirche, der Kreuzkirche und dem Palast. Es muß etwas Besonderes gewesen sein, daß ein Musiker dort gewohnt hat, aber Schütz verfügt über soviele Qualitäten, daß dies möglich gemacht wird. Ein Zeichen für die soziale Stellung des Erbauers (und damit auch der späteren Mieter) ist der sogenannte „Kinderfries“ von Christoph Walther I. , der um 1535 entstand. Daß er nach Jahrhunderten wieder an dieser Stelle hängt, ist eher ein Wunder, denn er mußte öfters umziehen. - nach Dresden

Der Kinderfries im originalen Schütz'schen Wohnhause ist mit das Einzige, was in Dresden noch unmittelbar mit Schütz verbunden ist. Sein Grab in der Frauenkirche wurde in der Nacht zerstört, in der die Kirche nach der Bombardierung Dresdens einstüzte.
Der Kinderfries im originalen Schütz'schen Wohnhause am Markt ist mit das Einzige, was in Dresden noch unmittelbar
mit Schütz verbunden ist. Sein Grab in der Frauenkirche wurde in der Nacht zerstört, in der die Kirche nach der
Bombardierung Dresdens einstüzte.

Im gleichen Jahr erscheint Schütz' große Sammlung im italienischen Stil: „Symphoniae Sacrae“, Teil 1. Der Titel ist eine Hommage an seinen Lehrer Giovanni Gabrieli (Sacrae Symphoniae 1597 und 1612). Als Hörbeispiel ein Auszug aus SWV 269 "Fili mi absalom", der Absalomklage König Davids um seinen Sohn.
Beispielhafte Aufführung bei youtube

1630 - Seitenanfang
Im Juni versucht man die hunderste Wiederkehr der Augsburger Konfession zu feiern. Johann Hermann Schein, Schützs engster Freund und Thomaskantor in Leipzig stirbt am 19. November. Vorher bittet er ihn noch um eine Begräbnismotette und Schütz schreibt für seinen Freund die Motette "Dies ist je gewißlich wahr" SWV 277.
 
1631 -- Seitenanfang
Nachdem der Kurfürst von Sachsen in den Krieg eingetreten ist, weil die Katholische Liga zu stark geworden ist, marschiert das Pappenheimer Heer und General Tilly nach Weißenfels ein und General Tilly findet im "Schützen" Unterkunft. Kurz danach stirbt Heinrichs Vater in Weißenfels, fünf Wochen später stirbt auch der Schwiegervater Wildeck, außerdem erliegen mehrere Mitglieder der Hofkapelle Seuchen. Es ist kein gutes Jahr für Schütz.
 
1632 - Seitenanfang
 
 
1633 und 1634 1635  - Seitenanfang
Schütz arbeitet von Dezember '33 bis Mai '35 Jahre als Kapellmeister am Kopenhagener Hof, weil die Arbeit dort ungefährlicher ist, die politische Großwetterlage zur Zeit einen Wechsel zuläßt, Christian IV. viel von ihm hält und die Dresdner Hofkapelle durch den Krieg arg dezimiert wurde. Der Kurfürst ist es egal - der hat andere Sorgen. Schütz bereitet die  Hochzeitsfeierlichkeiten für Christians zweitältesten Sohn musikalisch vor und der bezahlt ihm dafür das Gleiche wie der Dresdner Kurfürst.
 
Im Sommer oder Herbst 1635 wird der Auftrag an Heinrich Schütz erteilt,  „musikalische Exequien“ zu schreiben (opus 7) SWV 279-281, eine Auftragsarbeit des Heinrich Reuß postumus. Weil alle männlichen Familienangehörigen seit dem 12. Jht. 'Heinrich' hießen, kann man diesen durch den Namenszusatz wenigstens unterscheiden). Dieser 'postumus' hat  sich um 1634 einen Zinksarg beschafft und läßt schon mal die passenden Sprüch in die Innenseite eingravieren.

Schütz hat den Auftrag bekommen, da postumus zu ihm eine enge - fast familiäre - Beziehung hat. Die einzelnen Teile werden durchgesprochen und Schütz beginnt mit der Arbeit. Begräbnistermin soll, wenn möglich, der 4. Februar sein, der Simeonstag. Pünktlich zur Fertigstellung stirbt Reuß auch am 3. Dezember, wird einbalsamiert und am Simeonstag würdig begraben. Seine Grablegungsmusik wird von zwei Chören aufgeführt, der größere in der Kirche, der kleinere in der Gruft der von Reuß' in der St. Johanns-Kirche in Gera. Dort liegt er heute noch.
 
Die Exequien bestehen aus einer "teutschen Messe", einer musikalischen „leichpredigt“ und im dritten Teil aus dem Simeonsgesang „Herr, nun lässest Du deinen Diener in Frieden fahren“ und dem sechstimmigen Satz "Selig sind die Toten SWV 391", der später in die "Geistliche Chormusik" aufgenommen wurde".

Empfehlenswerte Einspielung:

Collegium Vocale Gent,  Philippe Herreweghe (Dirigent)

Hörbeispiel „Selig sind die Toten“ (Vokalconsort Leipzig, youtube)
 
1636 - Seitenanfang
Die Hofkapelle ist immer noch nicht wieder auf Vordermann. Zu oft sind Soldaten durch Dresden gezogen und es gibt kaum noch Musiker. Schütz veröffentlicht daher die "Kleine geistlichen Konzerte" (opus 8), die man mit Solisten und B.C. (Basso Continuo, eine Art Notbegleitung an Klavier oder Theorbe) aufführen kann.
 
1637 - Seitenanfang
Schütz reist zum zweitenmal nach Kopenhagen. Vorher hat er sich das kasierliche Druckprivileg geben lassen, so daß er am Verkauf seiner Noten mitverdient. Außerdem leistet er sich Notenpapier mit seinem Wappen: Pfeil und Bogen (Schütze) und den Initialen H.S.C. , Heinrich Schütz, Capellae magister.
 
1638 - Seitenanfang
Die Tochter Anna Justina stirbt im Juli mit sechzehn Jahren.
 
1639 - Seitenanfang
Schütz ist von Michaelis an (29. September) für fünfzehn Monate in Diensten des Herzogs von Braunschweig-Lüneburg Georg von Calenberg im Hannoveraner Leineschloß. Dort soll er die Hofkapelle wieder reorganisieren. Dummerweise wird der Herzog bei einem Bankett vergiftet und Schütz muß wieder nach Dresden. Dort ist die Kapelle ein weiteres Mal dezimiert worden, die Musiker, die noch leben, sind verarmt und keiner weiß, wie es weitergehen soll. Schütz verbringt ein Jahr in Weißenfels, behält aber seinen Gehaltsanspruch und seinen Titel. Durch den Krieg leben in Weißenfels nur noch unter tausend Einwohner.

Die "Kleine geistlichen Konzerte" II (opus 9) erscheinen
 
1640 - Seitenanfang
Die Kapelle in Dresden soll verkleinert werden. Schütz ist unterdessen immer noch in Hannover.
 
1641 - Seitenanfang
 In einer Denkschrift vom 7. März schlägt Schütz vor, mit vier Sängerknaben und vier Instrumentalisten einfach noch mal von vorne zu beginnen, was bedeutet, daß die Hofkapelle knapp über diese Besetzung geschrumpft und eine regelmäßige Musikpflege nicht mehr möglich ist. Es gibt noch einen Diskantisten (Knabensopran), ein paar Altisten und ein paar Instrumentalisten. Schütz empfiehlt für eine Neugründung seinen Schüler Matthias Weckmann als Organisten, außerdem den Theorbisten und Sänger Philipp Stolle, ehemalige Kapellknaben, einen auswärtigen Musiker und einen aus der alten Hofkapelle. Der Rest ist tot oder fortgelaufen.
 
1642  1643 1644 - Seitenanfang
Als Schütz im September nach Dresden zurückkehrt um die Geburt der neuen Prinzessin musikalisch zu begleiten, gibt es von der alten Besetzung noch den alten Sebastian Hirnschrötl und drei Kapellknaben, sonst nichts. Schütz leiht sich von den Leipziger Thomanern zwar noch ein paar Jungen aus, aber die Kapelle ist im Prinzip tot.

Die neue Prinzessin stirbt auch schon nach fünf Monaten, doch da ist Schütz bereits zum viertenmal in Kopenhagen. Diesmal nimmt er seine Schüler mit und läßt sie erstmal bei Christian IV. Aus diesen Schülern werden später ebenfalls bekannte und gute Musiker: Matthias Weckmann, Philipp Stolle, Friedrich Werner und Andreas Gleich. In Kopenhagen steht die Doppelhochzeit der Zwillingstöchter Christians IV. an, in Dresden ist nichts mehr zu tun und Schütz bleibt noch einmal drei Jahre in Dänemark am Kopenhagener Hof als Kapellmeister. Da hat Schütz Muße und Ruhe und beginnt an der "Symphoniae Sacrae" II.

Die Schweden verwüsten währendessen Sachsen.
 
In diesem Winter werden letzte Korrekturen an der "Symphoniae Sacrae" II. vollendet. Die Reinschrift des Werks überreicht Schütz zum Abschied dem Kronprinzen Christian als er Ende April 1644 aus dänischen Diensten ausscheidet. Er fährt aber nicht nach Dresden, sondern bleibt bis zum März 1645 bei seinem Freund Delphin Strungk, der seine Kompositionen verlegt, von einem kleinen Gastspiel am Wolfenbütteler Hof abgesehen.

Die Schweden zerstören unterdessen die Weißenfelser Burg, schleifen die Stadtmauer und sprengen die Befestigungen, danach brennen sie die Stadt nieder.
 
1645 - Seitenanfang
Den Wolfenbütteler Hof berät Schütz bei dem Aufbau der neuen Hofkapelle. Nach Dresden schreibt er am 21. Mai sein erstes Pensionsgesuch - immerhin ist Schütz nun sechzig Jahre alt. Da er keine Antwort bekommt, schreibt er ein zweitesmal an Michaelis (29. September). Der alte Hofprediger Hoeg ist im März gestorben und der Nachfolger Weller bereits gewählt, doch der antwortet auch nicht. Also feiert Schütz am 8. Oktober in Leipzig mit seinen Freunden und Kollegen.
  
1646 - Seitenanfang
Während Schütz immer noch versucht, endlich seinen Ruhestand zu erreichen, wird er von einem unfähigen Kollegen gemobbt, der gerne Kapellmeister würde, aber allgemein als unfähig gilt (Hofkunz).
 
1647- Seitenanfang
Die "Symphoniae sacrae II" II (opus 10) erscheinen am 1, Mai und der dänische Kronprinz Christian hat sein druckfrisches Exemplar gerade bekommen, als er Anfang Juli stirbt. Die Landestrauer in Dänemark ist so hoch, daß bis Jahresende keine Orgel mehr gespielt werden darf.
  
1648 - Seitenanfang
Die überlebende Tochter Euphrosyne heiratet Anfang Januar mit 25 Jahren den Juristen Dr. Christoph Pincker und die Hochzeitsgeschenke sind erheblich, meinen aber in der Regel den Brautvater Schütz.
König Christian IV. von Dänemark stirbt am 28. Februar siebzigjährig, ein Jahr nach dem Tod des Kronprinzen.
Der Westfälische Friede beendet am 24. Oktober mit dem Westfälischen Frieden zu Münster den 30jährigen Krieg. Der Vertrag endet mit dem Aufteilen des Gebietes in ca. 300 selbständige Fürstentümer und Kleinstaaten - ein Grund für die heutige dezentrale Struktur Deutschlands. Im Prinzip ist der religiöse Status quo von 1624 erreicht, es leben allerdings nur noch ein Drittel der Menschen von damals. Mit dem Ende des 30jährigen Krieges könnte man wieder vernünftig Musik machen, wenn nicht soviel Musiker tot wären.
 
Schütz schreibt kammermusikalische Miniaturen und versucht wieder seinen Ruhestand einzureichen. Der Kurfürst will aber immer noch nicht zustimmen.
 
Die Geistliche Chormusik" (opus 11) erscheint im ersten Teil. Weitere Teile sind nie erschienen oder verlorengegangen. Wenn man weiß, daß dieser Teil etwa das erste Quartal des Kirchenjahres umfaßt, (29 Motettenteile) kann man sich ausrechnen, wie viel verlorengegangen ist, zuzüglich Trauer- und Hochzeitsmusiken. In ihr findet sich das "Verleih uns Frieden gnädiglich" - bis heute Bestandteil fast jeden evangelischen Gottsdienstes (Schlußgesang). Vermutlich ist die "Chormusik" als kirchenpraktische Ausgabe für den täglichen Gebrauch gedacht worden (wie heutzutage das Chorbuch für gemischte Stimmen von Gölz)
 
1649 - Seitenanfang
Schütz ist auf dem Höhepunkt seines Bekanntheitsgrades und gilt als bester "teutscher" Komponist. 
 
zurück - weiter