www.martinschlu.de


Kulturgeschichte - Klassik - Beethivens „Fidelio“


Anfangsseite

Kurzdaten

1723 Der Kurfürst
1768 Familie Beethoven I
1773 Kindheit in Bonn
1784 Arbeit in Bonn
1790 Erste Wiener Kontakte
1799 Wiener Erfolge
1801 Giuletta
1805 Fidelio
1810 Beethoven und Goethe
1813 Familie Beethoven II
1820 Missa solemnis
1825 Letzte Jahre

Unsterbliche Geliebte
Todesursache 
Anton Schindler Beethovenforschung

Klaviermusik
Fidelio (Text)
Die Symphonien


Literatur und Links

Ludwig van Beethoven
Fidelio und Gattenliebe 1805
zusammengestellt von Martin Schlu 1999 (29. Mai 2001/ Januar 2009)

zurück - weiter
 
1805
Die Brüder Ludwig und Kaspar Karl leben eine Zeitlang zusammen in einer Wohnung in Wien. Kaspar Karl verliebt sich in Johanna Reiss, die im Dezember schwanger wird.
In Wien besetzen französische Truppen zum ersten Mal die Stadt und der Adel verläßt die Stadt. Die Uraufführung des "Fidelio" am 20.11. wird zum Misserfolg, weil das Publikum, das den Stoff verstünde, nicht kommen kann und die französischen Soldaten verstehen es nicht.

3.1.1    Vorgeschichte des Fidelio
Beethoven hatte, als er mit den Vorarbeiten zum „Fidelio“ begann, mehrere unglückliche Liebesaffären hinter sich. In Wien verliebte er sich im Mai 1799 in Josephine von Brunswick, die wenige Wochen später (am 29. Juli 1799) allerdings nicht den armen Musiker Beethoven heiratete, sondern den finanziell stärkeren Grafen Carl von Deym.
Als im Januar 1804 Carl Graf von Deym starb, war Josephine zwar wieder frei und Beethoven erneuerte seinen Heiratsantrag, doch nach jahrelangem Hin und Her gab ihm Josephine wieder einen Korb und heiratete 1810 den Grafen von Stackelberg (1).

 (1. Josephine hatte zwischen 1800 und 1804 vier Kinder bekommen und die Hochzeit mit Beethoven, der weit unter ihrem Stand lag, hätte für sie den Entzug des Sorgerechtes und den Verlust der finanziellen Unterstützung durch die Deyms bedeutet. Sie war zwar am 6. Juli 1812 mit Beethoven in Karlsbad, aber auch Antonia von Brentano ist an diesem Tag dort nachweisbar. Antonia und Bettina von Arnim (geb. als B. von Bretano) trafen sich in den ersten Julitagen 1812 übrigens auch mit J. W. von Goethe und es kam zu dem berühmten Treffen der beiden Giganten, über das Bettina später witzelte: „Der eine will nicht mehr reden und der andere könnte es auch nicht mehr hören!“)
1800/1801 gab es die unglückliche Liebe zu Giulietta Guicciardi, deren Vater Beethoven ebenfalls aus finanziellen Gründen (verarmter Adel) ablehnte und die aus Gründen der Familienräson stattdessen mit dem Grafen von Gallenburg verheiratet wurde.

Seit 1805 war Beethoven außerdem in Johanna Reiß verliebt, die allerdings sein jüngster Bruder Caspar am 25. Mai 1806 heiratete, was ihm Ludwig nie verziehen hat. Bis heute ist nicht sicher, ob der am 4. September 1806 geborene Karl van Beethoven nicht doch Ludwigs Sohn gewesen ist.(2)
(2) Es gibt eine regelrechte Forschungsabteilung zum Thema „Unsterbliche Geliebte“,(„UG“, ib. die Forscher Geck, Solomon, Goldschmidt, Walden). Es gibt drei oder vier mögliche Kinder von Beethoven und etwa ein Dutzend in Frage kommende Damen, von denen Josephine von Brunswick (später: von Deym, noch später: von Stackelberg) und Antonia von Brentano in die engere Wahl kommen, weil man anhand der Papiervergleiche den Brief an die UG auf das Jahr 1812 datieren konnte. Man weiß die Identität der UG aber bis heute nicht genau und der Stand der Forschung würde den Rahmen dieses Entwurfs sprengen (Caeyers, a.a.O, S. 456f, 473ff)
Auch Johanna van Beethoven ist für den 6. Juli 1812 in Karlsbad nachweisbar, möglicherweise, um den Sorgerechtsstreit zwischen Ludwig und Johanna zu klären - dies geschah allerdings dann durch den Fürsten zu Metternich (3).

(3) Beethoven hatte Metternich eine Symphonie versprochen, wenn er den Sorgerechtsstreit um Karl zu seinen Gunsten entschied. Metternich gab auch die entsprechende Anweisung an das Kaiserliche Apellationsgericht, so dass am 8. April 1820 der 13jährige Karl van Beethoven seinem Onkel Ludwig zugesprochen wurde. Metternich hat die Symphonie aber nie bekommen und auf dem Totenbett übertrug Ludwig das Sorgerecht wieder auf Johanna zurück, da Karl im März 1827 noch nicht einundzwanzig Jahre alt  und damit noch nicht volljährig war.

3.1.2    Aufführungsgeschichte
Emmanuel Schikaneder, Direktor des 1801 neu erbauten Theaters an der Wien, drängte Beethoven 1803 zu einem Stoff über ein Thema („Vestas Feuer“), zu dem Beethoven - gewissermaßen als Anzahlung - eine Szene komponierte, obwohl er das Thema nicht mochte
(4). Schikaneder hatte sich jedoch mit dem Theater übernommen und musste es 1804 an Peter Freiherr von Braun verkaufen. Von Braun übernahm Beethovens Kompositionsauftrag aus der Konkursmasse. Er einigte sich mit Beethoven auf einen anderen Stoff, in dem heldenhafte Frauen für ihre eingekerkerten Männer kämpften (5). Beethoven war - aus biographischen Gründen - sehr an diesem Thema interessiert und stürzte sich in die Arbeit.

(4) Schikaneder hatte mit Mozarts „Zauberflöte“ seit 1791 so viel Geld verdient, dass er 1801 ein neues, ca. 2000 Plätze fassendes Theater eröffnen konnte. Weil er sich finanziell aber mit dem Spielbetrieb übernommen hatte, musste er das Theater nur zwei Jahre später an seinen Erzkonkurrenten verkaufen, behielt aber die künstlerische Leitung und engagierte den fast tauben Beethoven als Kapellmeister und Hauskomponisten. Der Tempel der Vesta (lat. aedes vestae) war das zentrale Heiligtum Roms auf dem Forum Romanum. Er befand sich hinter dem Caesar- und Dioskurentempel. In ihm brannte das „Heilige Feuer der Vesta“, das von den sechs Vestalinnen bewacht wurde.
Quelle: http://www.roma-antiqua.de/antikes_rom/forum_romanum/vestatempel

(5) Dieser Stoff ist in der Nach-Revolutionszeit ausgesprochen populär - so hat Jean-Nicolas Boully aus seiner Zeit als Staatswanwalt und Richter in den Pariser Revolutionsjahren Schicksale niedergeschrieben und daraus zwei Dramen geschaffen: „Les dieux journeés“ wurde vom Komponisten Luigi Cherubini zur Oper „Die Wasserträger“ umgewandelt, das zweite Drama „Léonore ou l'amour conjugal“ wurde nach zwei Vertonungen von Pierre Gaveaux (1798) und Ferdinando Paér (1804) auch von Beethoven zum „Fidelio“ umgearbeitet, in dem Leonore die „eheliche Treue“ hoch hält und für das „Sittlich Erhebende“ kämpft. Dass gerade das Verhältnis zu weiblichen Wesen Beethovens größtes Lebensproblem darstellte, macht den Fidelio zu seinem persönlichsten Werk. Näheres findet man im Themenkreis der „Unsterblichen Geliebten“

Die erste Aufführung des „Fidelio“ fand am 20. November 1805 im Theater an der Wien (Wien) statt und hatte damit einen ziemlichen Misserfolg, weil Wien mittlerweile von Napoleons Truppen eingenommen war und das Publikum größtenteils aus französischen Soldaten bestand, die mit dem revolutionären Stoff überhaupt nichts mehr anfangen konnten. Nach drei Vorstellungen wurde die Oper abgesetzt.

Eine überarbeitete Oper mit dem Namen „Leonore“ wurde am 29.03.1806 im Theater an der Wien uraufgeführt und hatte leidlich Erfolg, geriet aber schnell wieder in die Versenkung. Lediglich die Ouvertüre (heute „Leonoren“-Ouvertüre) begeisterte (6).

(6) Diese, so genannte, „große Leonoren-Ouverture“, wird heute benutzt, um den Umbau des Bühnenbildes zum Finale zu begleiten.

Eine überarbeitete Version unter dem Namen „Fidelio“  (u. a. mit dem veränderten „Leonoren“-Vorspiel) geschah fast zehn Jahre später am 23. Mai 1814 im Wiener Kärntnertor-Theater. Diese Aufführung hat die revolutionären Ideen größtenteils herausgestrichen, die Menschlichkeit ist das wichtigere Thema als die eheliche Treue und weil der Stoff nun leichter zu verstehen war, wurde die Aufführung ein großer Erfolg und war auch finanziell für Beethoven lohnend. Übliche Fidelio-Inszenierungen halten sich heute an diese Fassung.


1806
Johanna van Beethoven bringt ihren Sohn Karl zur Welt.