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19. Jahrhundert - Frühromantik - Droste - Biographie 1819-1825


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Annette von Droste-Hülshoff
1819 - 1825 Liebe und Einsamkeit

unter Mitarbeit von
(Anna Eckel) Klasse 10d / 2001, revidiert August 2010 © Martin Schlu

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1819 - 1820 - 1825
Annette beginnt den Roman "Ledwina" und fängt an sich mit ihrer zwiespältigen Haltung, auseinanderzusetzen, was in ihrer Einsamkeit unausweichlich ist. Diese Auseinandersetzungen fordern ihre ganze Kraft und sie erkennt zum ersten Mal ihre zwiespaltige Haltung, aber auch ihre Begabung, zur Realität ihres Lebens an. Das Bewußtsein der eigentümlichen Gespaltenheit ihres Wesens erschreckt sie auf eine Weise, daß alle ihre dichterischen Arbeiten völlig ins Stocken geraten. Sie entwickelt ein sozial-konservatives Bewußtsein. Dadurch wird sie für eine Frau ihrer Zeit erstaunlich politisch interessiert, weltoffen und geradezu hellsichtig für die sich anbahnenden geschichtlichen Entwicklungen. Obwohl Annette adlig ist, hat sie lieber den Umgang mit bürgerlichen Freunden und Freundinnen.
 
Annette steht zu ihrem Glauben, doch konfessionelle Schranken sind ihr fremd. Sie beginnt 1819/1820 das "Geistliche Jahr", ein Gedichtezyklus, der mit dem Gedicht auf den Ostermontag abgebrochen wird. Den zweiten Teil des Zyklusses setzt sie erst 1839 fort und erst 1840 beendet sie das "Geistliche Jahr".

 
1820 Seitenanfang
Annette macht sich erste Notizen zur "Judenbuche".
 
Annette trifft im Sommer bei der Bökendorfer Verwandschaft erneut auf Heinrich Straube (1794-1847). Sie flirtet zuerst mit ihm und die Eltern und die Familie von Haxthausen sehen dies nicht ungern, kämen aber nie auf die Idee, daß daraus mehr werden könne als eine Liebelei, denn Straube ist bürgerlich und protestantisch und damit als Ehemann sowieso untragbar. Annette fühlt sich geistig absolut zu Straube hingezogen, äußerlich ist er zumindest merkwürdig und nicht besonders attraktiv. Dies wiederum trifft auf August von Arnswaldt (1798-1855) zu, einen mit Straube befreundeten Studenten, der im Sommer 1820 ebenfalls im Hause der Bökendorfer Verwandten aufhält, kurz, nachdem Straube wieder nach Göttingen abgreist ist. Der ein Jahr jüngere August von Arnswald flirtet mit  Annette, verdreht ihr den Kopf, sie weist ihn ein paarmal ab, doch er kommt immer wieder auf sie zu. Annette hat unterschiedliche Gefühle für die beiden: August von Arnswaldt übt nach ihren Worten "eine unbegreifliche körperliche Anziehung" auf sie aus, während sie für Heinrich Straube angeblich "eine wahre, tiefe Neigung" empfindet. Sie muß sich buchstäblich zwischen Erotik und Geist entscheiden, aber sie kann es einfach nicht. Außerdem bekommt sie nicht mit, daß August von Arnswald gleichzeitig ein Verhältnis mit Anna von Haxthausen beginnt, Annettes Tante, die er 1830 heiratet. Diese wiederum tut alles, damit Heinrich Straube und Annette sich auseinanderl(i)eben, weil ihr Straube körperlich unsympathisch ist.
 
Es endet alles im völligen Bruch mit beiden: August von Arnswaldt fährt nach Göttingen zu Straube, erzählt ihm von seiner Beziehung zu Annette und beide setzen sich hin und schreiben gemeinsam einen Brief, in dem sie sich von ihr lossagen. Anschließend muß Annettes Onkel, August von Haxthausen, diesen Brief Annett aushändigen, ohne daß er weiß, daß seine Frau mit von Arnswald ebenfalls ein Verhältnis hat - er macht sich sozusagen gleich doppelt zum Affen. Annette erhält den Brief, ist völlig fertig, läßt sich aber nichts anmerken. Wochen später schreibt sie einen erklärenden Brief an ihre Tante, in dem es heißt:
... nun meint er <Straube> wohl, ich hätte ihn nie lieb gehabt... O Gott! er hat recht, es zu glauben, ich kann ihm den abscheulichen Gedanken nicht nehmen, das ist mein ärgstes Leiden. Anna, ich bin ganz herunter, ich habe keine auch nur mäßig ruhige Minute. Daß Deine Geschwister mich verlassen, danach frage ich - uner uns gesagt - jetzt nichts, obschon es mir sonst gewiß sehr betrübt gewesen wäre, ich denke immer nur an St<raube>. Um Gottes Willen, schreib mir doch, was macht er? Ihr wißt nicht, wie unbarmherzig Ihr seid, daß Ihr mir nichts sagt....  ...  Ich hatte Arns<wald> sehr lieb, aber auf eine andere Art wie St<raube> . Str<au> bens Liebe verstand ich lange nicht, und dann rührte sie mich unbeschreiblich, und ich hatte ihn wieder so lieb, daß ich ihn hätte aufessen mögen. Aber wenn Arnswald mich nur berührte, so fuhr ich zusammen ... dieser stille, tiefe Mensch hatte für die Zeit eine unbegreifliche Gewalt über mich...
(zit nach Maurer, S. 46ff)

Dieses Ereignis zerstört sofort das Gefühl fragloser Zusammengehörigkeit mit Freunden und Verwandten und erst Jahrzehnte später kommt Annette wieder nach Bökendorf. Beide Familien, die von Hülshoff und die von Haxthausen, lassen sie noch sehr lange spüren, daß sie sich gesellschaftlich unmöglich gemacht hat und so hat sie als Gesprächspartner nur noch sich selbst! Der Weg in die Einsamkeit beginnt.
 
1825 Seitenanfang
Im Herbst reist Annette, wie schon lange nicht mehr, zu ihren Verwandten an den Rhein. In Köln lebt Werner von Haxthausen, in Bonn ist ihr Vetter Clemens-August von Droste-Hülshoff Professor für Kirchengeschichte an der neu gegründeten Friedrich-Wilhelms-Universität. In Bonn lernt sie August Wilhelm Schlegel und Karl Simrock kennen, in Köln ihre spätere langjährigen Freundinnen Sibylla Mertens-Schaafhausen und Adele Schopenhauer. Bonn ist damals eine aufgeklärte Stadt, in der der Katholizismus nicht so streng gehandhabt wird, wie in Münster oder in Köln - übrigens bis heute noch.

Der Vater kümmert sich währenddessen um die Altersversorgung seiner Frau und der Töchter und kauft das sogenannte "Rüschhaus" von den Erben des Kurfürstlichen Stararchitekten Johann Conrad Schlaun, das der sich um 1750 als Sommersitz hat bauen lassen. Dieses Haus soll später mal der "Witwensitz" für Frau und Töchter werden, denn die Stifte, in denen adelige Fräuleins normalerweise bisher ihre Witwenschaft  verbrachten, sind seit ein paar Jahren aufgelöst - Folgen der Napoleonischen Besetzung.
 
Oben: Das Rüschhaus von der Gartenseite. Foto: Martin Schlu @ 2006
unten: Die Zeichnung von Annettes Schwester Jenny zum Vergleich
Foto: Martin Schlu @ 2010 mit freundlicher Genehmigung des Fürstenhäusle Meersburg a.B.


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