Homepage Martin Schlu Rund um den Bahnhof Zoo Stand: März 2016 / 26. April 2026

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Bahnhof Zoo

Linie 100

Breitscheidplatz

Bikini

Gedächtniskirche

Kaufhaus des Westens
KadeWe




Bahnhof Zoo
Die meisten Bahnreisenden kommen nicht mehr - wie vor dem Mauerfall - am Bahnhof Zoo an, sondern nun am „Hauptbahnhof“ (dabei hat Berlin etliche Bahnhöfe, die alle größer sind als das kleine Bonner Bahnhöfchen mit damals zwei Gleisen - eins für Norden und eines für Süden). Bis zum Mauerfall begann das - westdeutsche - Zentrum am Bahnhof Zoo und zog sich über den Breitscheidplatz und die Tauentzienstraße bis vor den Reichstag und das Brandenburger Tor. Dann war Schluß, genauso wie am Checkpoint Charlie. Trotzdem ist der Bahnhof Zoo noch gut frequentiert, aber eher bei den Buslinien, denn die hier fahrenden Züge gehen eher ins Berliner Umland oder es sind Fernbusse. Was vor dem Mauerfall „Feindesland“ war („Berlin, ist die Hauptstadt der DDR, junger Mann!“ hatte mich der VoPo angeschnauzt und meinen SPIEGEL eingesackt), ist heute die „Neue Mitte“ und daß Deutschland nun auch aus Ostberlin regiert wird, ist einer der vielen Treppenwitze der Geschichte. Honecker hätte sich das nie träumen lassen (vgl. das Ende von „Good Bye Lenin“).

Früher die Hauptschlagader West-Berlins - heute ein Nebenbahnhof mit viel Geschichte
Früher die Hauptschlagader West-Berlins - heute ein Nebenbahnhof mit viel Geschichte

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Linie 100
Wie immer, wenn wir hier sind, fahren wir mit der Linie 100. Das ist eigentlich ein normaler Linienbus, aber wenn man die Runde ab Bahnhof Zoo damit macht, kriegt man einen guten Überblick über die Stadt. Die gelben Doppelstockbusse fuhren hundert Jahre durch Berlin, aber seit 2023 werden sie durch einstöckige Gelenkbusse aus Schottland ersetzt, weil sie
mit ihren 17 Tonnen für die Fahrt über einen alten Tunnel  zu schwer geworden waren und zuviel Sprit schluckten. In den Doppelstöckern saßen oben meistens die Touristenm die Zeit hatten und möglichst aus der ersten Reihe gucken wollten und unten die Berliner, die - gestreßt - keine Zeit hatten und schnell aussteigen mußten.

Die gelben Doppelstockbusse fahren schon seit den 1920er Jahren durch Berlin
Früher waren die 100er doppelstöckig- heute sind es lange und volle Gelenkbusse.

Steigt man am Bahnhof Zoo in die Linie 100 ein, geht es am Zoo/Aquarium vorbei, dann zum „Haus der Kulturen der Welt“ , ein Begriff, der heute wieder sehr modern geworden ist, auch wenn der normale Beliner nur von der („schwangere Auster“ redet.  Die „Straße des 17. Juni“ entlang geht es am Reichstag/Bundestag vorbei zum Brandenburger Tor. Nun fährt der Bus auf einer der schönsten Straße Berlins entlang, „Unter den Linden". Ich habe die Straße in den letzten zwanzig Jahren meistens als Baustelle gesehen, doch sie ist fast fertig und man hat nun so viele Linden gepflanzt, daß der Name wieder seine Berechtigung hat. Der Grund für die jahrelangen Baustellen war die Untertunnelung der „Linden“ für den Bau eines Umsteigebahnhofs, der S- und U-Bahn miteinander verbindet. Teilweise kam man kaum über die Baustelle:

Die Baustelle im März 2016
Oben:  Baustelle UNter den Linden im März 2016

Unten: U-Bahn-Bau am Stadtschloß, März 2016 (gesehen von der Aussichtsplattform, Foto: Susanne Coburger-Schlu)

U-Bahn-Bau am Stadtschloß, März 2016 (gesehen von der Aussichtsplattform)

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Zwischen dem „Großen Stern“, der Kreuzung aus fünf Richtungen und acht Spuren waren es bis zum Alexanderplatz etliche Großbaustellen: Weiterbau der U5 bis zunächst zum „Lustgarten“, Generalsanierung der Staatsoper, angefangene Sanierung des Kunstmuseums, Neubau des Stadtschlosses mit Bau der U5-Haltestelle, Ausbau des Haltepunktes Alexanderplatz' - das sind die Stellen, die mir spontan einfallen und jede war ein Projekt mindestens im dreistelligen Millionenbereich. Süß fand ich den Kostenvoranschlag des Stadtschlosses: da hätten nur noch sechzig Millionen bis zu den veranschlagten 120 Mio. gefehlt! Da habe ich geschluckt. Wir hatten in Bonn mit vielen Kürzungen an Bildung und Kultur gerade das WCCB für ca. 140 Mio. gestemmt und das war nicht mal ein Viertel der Schloßgröße. Soviel zu „arm - aber sexy“ (Klaus Wowereit) - ich erinnere mich noch gut an das „Notopfer Berlin“ der 1960er Jahre und an die Diskussion, ob der Soli nicht gleich an Berlin gehen solle. Ach, ja, die Milliarden für die Museumsinsel waren auch nicht eingerechnet, aber der Staat bezahlte im Zweifelsfall ja sowieso und tut es weiter.

Da konnte man schon verstehen, daß ein Strumpfhosenhersteller einen Haufen Geld zahlte, damit seine Modelle nicht zu übersehen waren. Gefühlt hatte ich jeden Popo in Doppeltürgröße vor den Augen, denn ich saß im Obergeschoß der 100.

Sex sells - das haben sich die Werbestrategen zu Herzen genommen,
Sex sells - das haben sich die Werbestrategen zu Herzen genommen,



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Breitscheidplatz
Der Breitscheidplatz war bis zum Mauerfall die zentrale Mitte West-Berlins und es gab zwei Dinge, die man sich anzusehen hatte: Das Erste war der „steile Zahn“, wie die Berliner die Kirchenruine der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche getauft hatten, das Zweite war das Cafe Kranzler, das dieses Jahr 200 Jahre alt würde, aber es wird umfassend saniert und soll nächstes Jahr wieder neu eröffnen. Bonner Insider verbinden mit dem Café die Anekdote, daß viele Politiker eine bestimmte Torte so schätzten („Breuer Spezial“ aus dem Cafe Breuer in Bonn-Oberkassel), daß jahrelang mit der Frühmaschine entsprechend viele Torten ins Kranzler transportiert wurden. Ansonsten war bis 1989 der Breitscheidplatz ein Beispiel für viel Verkehr und viele Geschäfte in der Ladenzeile des Bikini gegenüber.

Der Brunnen auf dem Platz ist mit irgendwelchen roten Schirmen verunstaltet, auch hier stehen Ostermarktbuden mit überdimensionalen Eiern, aber eigentlich ist der Platz menschenleer. Ich kann mich an Menschenmassen erinnern, die vor Jahren den Hip-Hoppern beim Breakdance und Spontanrap fasziniert zuhörten, aber da war es wärmer. Das Möwenpick ist weg, ebenso der Vapiano und der Hähnchenbrater („Kentucky schreit ficken“) stinkt nicht mehr so wie vor zehn Jahren, denn er ist auch weg. Trostlos!!!
Der Brunnen war um 2006 ein zentraler Punkt des Platzes
Knapp zwanzig jahre später steht viel leer, der Brunnen verganmelt und der Platz wirkt „arm, aber <nicht mehr> sexy“
Der Brunnen war um 2006 ein zentraler Punkt des Platzes,
die Eltern kauften ein, die Kinder spielten. (März 2006)
Knapp zwanzig Jahre später steht viel leer, der Brunnen verganmelt und der Platz wirkt „arm, aber <nicht mehr> sexy“ . (April 2025)

Durch den Anschlag auf den Weihnachtsmarkt am 19. Dezember 2021 mit elf Toten hat man massiv in die Sicherheit aufgerüstet und massive Stahlpoller aufgestellt, daß zumindest für die LKWs hier Schluß ist. Ob es dem Platz hilft, muß man sehen. Attraktiver hat es ihn nicht gemacht. Die Namen der Opfer wurden in die Stufen gemeißelt und eine Art Blutspur aus Messing rinnt die Stufen hinunter über den Platz. Das beeindruckt mehr.

Massive Poller sollen den Breitscheidplatz nun schützen.
oben: Die Poller versperren den Zugang von der Budapester Straße.
Unten: Die Gedenkstufen für die Opfer vom 19. Dezember 2021

Die Gedenkstufen für die Opfer vom 19. Dezember 2021

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Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche
Die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche, ließ - wie der Name sagt - Kaiser Wilhelm II.  bauen, um klarzumachen, daß der Deutsche Kaiser mit dem lieben Gott einen ganz starken Partner hatte. Nachdem es am 9. November 1918 keinen deutschen Kaiser mehr gab, wurde die Kirche ganz normal genutzt. Im November 1943 wurde die Kirche bei einem Bombenhagel zerstört und nicht wieder aufgebaut. Heute sind die erhaltenen Ruinen verglast und beheizt und enthalten eine Dauerausstellung über die Hohenzollern-Kaiser, die preußische Geschichte und die Neoromanik. Immerhin wurde diese Kirche für Neoromanik bekannt, obwohl das neoromanisch/neogotische Schloß Drachenburg im Rheinland ein paar Jahre vorher fertiggestellt wurde. Daß Szenen aus „Babylon Berlin“ dort, im fernen Rheinland - gedreht wurden, können selbst eingefleischte Berliner nicht widerlegen.

Der Architekt Egon Eiermann baute zwei neue deutsche Wahrzeichen: Das eine war der futuristische Neubau der Gedächntniskirche mit -zigtausenden bunten Glasfenstern, das Andere war der “lange Eugen“, das Abgeordeten-Hochhaus der damaligen Bundeshauptstadt Bonn. Mir gefällt die Kirche besser, obwohl ich in Bonn lebe.

Die neue Gedächtniskirche von innen (Altarseite)
oben: Die neue Gedächtniskirche von innen (Altarseite)

unten: Die Orgel der neuen Gedächtniskirche
Die Orgel der neuen Gedächtniskirche


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Ein abschreckendes Beispiel zum Schluß: Nachdem die neue Mitte in Ostberlin entstanden war, gab es immer Versuche, das Gebiet um den Breitscheidplatz wieder zu beleben. Letzter Versuch ist die Errichtung zweier Hochhäuser, die das alte Wahrzeichen, die Gedächtniskirche, optisch plattmachen. In Köln hat eine viel weniger schlimme Variante fast zum Verlust des Welterberstatus geführt, denn der Dom war von der Kerpener Höhe (A4) nicht mehr zu sehen, weil ein Versicherungshochhaus davor gesetzt wurde. Hier sind es zwei Wohntürme, die sicher für ein Schweinegeld vermarktet werden.

Zum Vergleich der gleiche Blickwinkel von 2006 und 2016 - Berlin, schäm Dich!

2007 war die Gedächtniskirche vom Kudamm aus gut zu sehen
oben: 2007 war die Gedächtniskirche vom Kudamm aus gut zu sehen

unten: ab 2016 wurden zwei Hochhäuser davor gesetzt
2016 wurde ein Hochhaus davor gesetzt
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: ab 2016 wurden zwei Hochhäuser davor gesetzt

unten: 2025 - Der Breitscheidplatz wird nun von den beiden Hotels dominiert:
Der Breitscheidplatz wird nun von den beiden Hotels dominiert.
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Bikini
Gegenüber der Gedächtniskirche gibt es seit den 1950er Jahren eine elend lange Ladenzeile, das Bikini. Die
Ladenzeile wurde neu gebaut, und weil der Bau ungewohnt aussah,verpaßte ihm der Verliner Volksmund den Namen („oben watt, unten watt und inner Mitte nüscht“). Jahrzehntelang boten zig Lädchen alles Mögliche an: Asia-Sachen, Buchantiquariate, Schallplatten, Souveniers und Krims-Krams. Doch diese Läden gibt es nicht mehr. Die Ladenzeile wirkt zwar teurer, doch das Flair ist weg. Aus der Ladenzeile wurde eine Mall mit sehr (!) viel teurer Gastronomie.

Das Bikini vom Bahnhof Zoo
oben: Das Bikini vom Bahnhof Zoo
Unten: Das Bikini vom Breitscheidplatz
Das Bikini vom Breitscheidplatz

 
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Kaufhaus des Westens
An der Gedächtniskirche gehen wir durch Richtung Tauentzienstraße und da wird es in der Tat etwas voller. Gefühlt jeder dritte Laden verkauft Handies oder Verträge dazu, aber es gibt auch die Läden, die man erwartet hat. Am Karstadt vorbei kommen wir endlich zum KadeWe, unserem Ziel.

Das KAdeWe, eine deutsche Institution, wurde 1907 eröffent und war von Anfang an als besonderes Kaufhaus geplant. Der Werbespruch „Europas größtes Kaufhaus in Berlin“ ist ein bißchen irreführend, denn Harrods in London ist schon etwas größer und das Breuninger in Stuttgart umfaßt auch einen kompletten Häuserblock. Das KAdeWe liegt irgendwo zwischen der Galerie Lafayette (Paris) und Harrods (London) und da sind Größe und Anspruch wohl klar. Wir haben zwar nicht vor etwas zu kaufen, aber die jüngste Enkelin soll zu Ostern einen Becher mit einem Hasen bekommen (Lieblingskuscheltier) und da haben wir einen Vorwand genau zu gucken. Wir werden auch schnell fündig - für € 21.- könnten wir einen Becher mit Peter Hase bekommen, doch da man nicht auschließen kann, daß das Kind in einem Wutanfall Becher mit Hasen auf den Boden pfeffert, bleibt Peter Hase da stehen.

Die Prada-Abteilung macht uns auch nicht so an, bei der Apple-Abteilung stehen keine Preise dran und als wir auf dem Rückweg noch bei Meissen und KPM vorbeikommen, könnte ich mir einen Meissen-Kaffebecher für € 184 kaufen. Man braucht eigentlich nichts von allem, aber anschauen kostet bekanntlich ja auch nichts. Eine Sache leisten wir uns aber schon. Ein Milchkaffee und ein grüner Tee schlagen insgesamt mit knapp sieben Euro zu Buche. Allerdings muß es eine ausreichende Zahl Kunden geben, die bereit sind, das geforderte Geld auszugeben, denn das KAdeWe hält sich mit seinem Konzept ja nun seit über hundert Jahren. Wenn man einen Überblick über schöne Gegenstände haben will, ist man hier aber genau richtig. Selbst Rene Benko hat es ja nicht geschafft, dieses Haus pleite gehen zu lassen.

Wer aus Stuttgart kommt, für den ist das KadeWe aber nix Besonderes - das dortige Kaufhaus Breuninger war schon in den 1960er Jahren mehr als doppelt so groß.


Das KadeWe 2016
Das KadeWe 2016

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