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19. Jahrhundert - Frühromantik - Droste - Biographie 1814-1818


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Werkverzeichnis

Annette von Droste-Hülshoff
1814 - 1818 Suche nach dem Ich

unter Mitarbeit von
(Anna Eckel) Klasse 10d / 2001, rrevidiert 17. August 2010 © Martin Schlu

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1814 - 1815 - 1816 - 1817 - 1818
Ein Jahr später, Ende 1814, ist sie mit ihrem ersten eigenen Werk, dem Trauerspiel "Berta", beschäftigt, welches sie nie vollendet. Mit Anton Mathias Sprickmann verbindet sie seit 1812 eine gute Brieffreundschaft, aber auch nicht mehr, da Sprickmann schon lange verheiratet und 38 Jahre älter ist. Sie tauscht sich mit ihm aus und als schreiberische Schwierigkeiten auftreten, da sie ihre Gedanken nie passend aufs Papier bringen kann; schreibt sie in einem Brief an ihn: 
"Ich wollte, es stände sogleich auf dem Papiere, wie ich es denke, denn hell und glänzend steht es vor mir in seinem ganzen Leben, und oft fallen mir die Strophen in großer Menge bei; aber bis ich sie alle geordnet und aufgeschrieben habe, ist ein großer Teil meiner Begeisterung verraucht, und das Aufschreiben ist bei weitem das mühsamste bei der Sache"
Brief vom 20. Dezember 1814, zit. nach Maurer S. 17
 
Wilhelm Grimm scheint sie dagegen eher zu fürchten und erzählt ihrer Cousine, wie er von Annette geträumt habe:  
... sie sei ganz in Purpurflammen gekleidet gewesen und habe sich die Haare ausgerauft und sie ... als Pfeile in die Luft geschleudert....
 
1815 Seitenanfang
Annette schreibt Sprickmann über ihre dichterischen Pläne, von ihren Gefühlen, ihrer Verwirrung und ihrer inneren Unruhe. Ihre Briefe an ihn gleichen Liebesbriefen, weil sie sich in ihnen rückhaltlos und ungehemmt ausspricht - sie sucht einen offenbar einen gleichwertigen Gegenüber, findet ihn aber nur außerhalb.
 
Im Herbst hat Annette ihre ersten schweren Erkrankungen: Zu den Depressionen kommen noch Augen- Herz- und Atembeschwerden - da ist sie erst achtzehn Jahre alt.

 
1816 Seitenanfang
Annette schreibt das Gedicht "Unruhe", indem sie ihre extreme Eingeschränktheit und Eingeengtheit ausdrückt. Es wird darin deutlich, wie unwohl sie sich als Frau in ihrer Zeit fühlt und sie versucht vergebens die Schranken der vorgegebenen Frauenrolle zu überschreiten.   

Unruhe
 

Foto: Martin Schlu @ 2006
 
Laß uns hier ein wenig ruhn am Strande.
Foibos Strahlen spielen auf dem Meere,
siehst du dort der Wimpel weiße Heere
Ries'ge Schiffe ziehn zum fernen Lande?
 
Ach! Wie ists erhebend sich zu freuen
An des Ozeans Unendlichkeit,
Kein Gedanke mehr an Maß und Räume
Ist, ein Ziel, gesteckt für unsre Träume
Ihn zu wähnen dürfen wir nicht scheuen.
 
Unermeßlich, wie die Ewigkeit.
 
Wer hat ergründet
Des Meeres Grenzen
Wie fern die schäumende Woge es treibt?
Wer seine Tiefe?
Wenn muthlos kehret
Des Senkbley's Schwere
Im wilden Meere,
Des Ankers Rettung vergeblich bleibt.
 
Möchtest Du nicht mit den wagenden Seglern
Kreisen auf dem unendlichen Plan?
O! Ich möchte wie ein Vogel fliehen,
Mit den hellen Wimpeln möcht ich ziehen,
Weit, o weit, wo noch kein Fußtritt schallte.
Keines Menschen Stimme wiederhallte
Noch kein Schiff durchschnitt die flüchtge Bahn.
 
Und noch weiter, endlos ewig neu
Mich durch fremde Schöpfungen, voll Lust
Hinzuschwingen fessellos und frey,
O! das pocht, das glüht in meiner Brust.
 
Rastlos treibts mich um im engen Leben
Und zu Boden drücken Raum und Zeit,
Freyheit heißt der Seele banges Streben
Und im Busen tönts Unendlichkeit!
 
Stille, stille, mein thörichtes Herz
Willst du denn ewig vergebens dich sehnen?
Mit der der Unmöglichkeit hadernde Thränen
Ewig vergießen in fruchtlosem Schmerz?
 
So manche Lust kann ja die Erde geben
So liebe Freuden jeder Augenblick.
Dort stille, Herz, dein glühendheißes Beben
es giebt des Holden ja so viel im Leben,
So süße Lust und, ach! so seltnes Glück!
 
Denn selten nur genießt der Mensch die Freuden,
Die ihn umnglühn, sie schwinden ungefühlt.
Sey ruhig, Herz und lerne dich bescheiden.
Giebt Foibos heller Strahl dir keine Freuden,
Der freundlich schimmernd auf der Welle spielt?
 
Laß uns heim vom feuchten Strande kehren,
Hier zu weilen, Freund, es tut nicht wohl,
Meine Träume drücken schwer mich nieder,
Aus der Ferne klingt's wie Heimatlieder
Und die alte Unruh kehret wieder.
Laß uns heim vom feuchten Strande kehren,
Wandrer, auf den Wogen, fahret wohl!
 
Fesseln will man uns am eignen Herde!
Unsre Sehnsucht nennt man Wahn und Traum
Und das Herz, das kleine Klümpchen Erde,
Hat doch für die ganze Schöpfung Raum.
 

 
1817  Seitenanfang
 
1818 Seitenanfang
Annette bekommt Kontakt zu Wilhelm Grimm, da die Gebrüder Grimm ebenfalls dem Bökendorfer Kreis angehören. Sie besucht sie in Kassel und Wilhelm Grimm lobt Annettes Eifer beim Sammeln westfälischer Volkslieder und Märchen und ermutigt sie, mit ihren Studien fortzufahren. Zu diesem Zeitpunkt schreibt Annette an dem Versepos "Walter" und kämpft mit ihren gesundheitlichen Problemen. In Bökendorf trifft sie Heinrich Straube, einen Mitstudenten ihres Onkels August von Haxthausen, der ihn finanziell unterstützt und selbstverständlich mit in die Familie aufnimmt (August von Haxthausen wird später bei der Judenbuche noch eine Rolle spielen). Annette läßt ihr Drama "Bertha" liegen und beginnt den Roman "Ledwina". Die ersten Lieder von ihr erscheinen.
 
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