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19. Jahrhundert - Frühromantik - Droste - Winter 1841/42


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Annette von Droste-Hülshoff
Der Winter in Meersburg 1841/42

unter Mitarbeit von
(Anna Eckel) Klasse 10d / 2001, revidiert August 2010 © Martin Schlu

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1840/41 - 1842 - 1843
 

Levin Schücking
 
Levin Schücking ist der Sohn der schon 1831 verstorbenen Freundin Katharina. Er arbeitet - zusammen mit dem Dichter Ferdinand Freiliggrath - an einer Gedicht- und Novellensammlung des Münsterlandes "Malerisches und romantisches Westphalen". Annette wird eingespannt und soll einige Balladen beisteuern. So kommt es zu einer zweiten Phase der Balladenproduktion und da die "Die Judenbuche" nun fertig ist, ist auch wieder Kapazität vorhanden. Nun entstehen "Die Stiftung Cappenberg" (Cappenberg liegt zwischen Lünen nund Münster) , "Das Fegefeuer des westfälischen Adels" und "Der Tod des Erzbischofs Engelbert von Cöln". Außerdem schreibt Annette mit an Schückings "Familienschild". Levin entwickelt sich immer mehr zu Annettes Muse und er ist auch Kaufmann genug, ihre Gedichte und Ideen zu vermarkten.
 
1841/42 - Seitenanfang
Am 30. September 1841 kommt Annette zum erstenmal auf die Meersburg, einer uralten Burg, die seit 1837 im Besitz ihres Schwagers des Freiherrn Joseph von Laßbergs ist. Dieser gilt als berühmter Sammler mittelalterlicher Schriften und hat die Burg unter anderem gekauft, damit er seine Handschriften in einem Saal zusammen lagern kann - etwa 11.000 Exemplare, teilweise Jahrhunderte alt.

Einige Wochen später reist Levin Schücking an - er hat wirklich eine Stelle als Bibliothekar bei Annettes Schwager Joseph von Laßberg angetreten und ihm soll er beim Katalogisieren seiner umfangreichen Handschriftensammlung helfen, denn durch seine germanistischen und historischen Kenntnisse hat Schücking gute Voraussetzungen, diese Aufgabe auch irgendwann lösen zu können. Natürlich hat Annette ihm diese Stelle verschafft und als Levin kurz nach ihr auf der Meersburg eingetroffen ist, arbeitet sie mit an der Katalogisierung der Bibliothek, unternimmt mit ihm ausgedehnte Spaziergänge am See und kommt wieder so ins seelische Gleichgewicht, daß sie ihrer Mutter irgendwann ganz beiläufig schreiben kann: 
"Ach, übrigens, Levin Schücking ist auch hier"

Die Meersburg von der Seeseite aus. 
Foto: Martin Schlu @ 2010


In Wirklichkeit lebt Annette aber dort mit Levin fünf Monate zusammen, vom November 1841 bis Anfang April 1842. Annettes Familie in Münster ahnt nichts davon und als sie es erfahren, können sie nichts unternehmen. Den gesamten Winter 1841/42 verbringt Annette offiziell als Besuch ihrer Schwester Jenny auf der Burg, tatsächlich hat sie erstmalig die Gelegenheit Levin zu sehen, wann immer sie will - mit 34 Jahren aus heutiger Sicht eine Selbstverständlichkeit.
Annette und Levin schließen in diesem Winter eine Wette ab, wer mehr Literatur schaffen kann und so wird dieser Meersburger Winter für Annette eine der produktivsten Phasen ihres Schaffens. Es entstehen in kurzer Zeit ca. 60 Gedichte, u.a. der Zyklus "Haidebilder", die Bodensee-Gedichte,  "Der Knabe im Moor", "Die Vergeltung", "Im Moose", "Am Thurme" und viele andere. Außerdem arbeitet Annette mit an Schückings Roman "Das Stiftsfräulein".
 

An Levin
 
Kein Wort, und wär es scharf wie Stahles Klinge,
soll trennen, was in tausend Fäden eins.
So mächtig kein Gedanke, daß er dringe
vergällend in den Becher reinen Weins.
Blick' in mein Aug', Levin.
Ist's nicht das Deine?
Ist nicht mein Zürnen selber Deinem gleich?
 
Du lächelst
und Dein Lächeln ist das Meine,
an gleicher Lust und gleichem Sinnen reich.
 
Das Leben ist so kurz,
das Glück so selten.
So großes Kleinod einmal sein
statt gelten.
 
Die "Judenbuche" wird durch Schückings Vermittlungen vom 22. April 1842 bis zum 10. Mai in 16 Teilen in "Cottas Morgenblatt" veröffentlicht, einer damals auch überregional wichtigen Zeitung. Damit wird Annette zum ersten Mal überregional bekannt. Außerdem vermittelt Levin die Veröffentlichung von sieben neuen Gedichten im gleichen Blatt. Nach seiner Abreise bleibt Annette noch bis Ende Juli in Meersburg. Dort entsteht ihr Aufsatz "Westphälische Schilderungen aus einer westphälischen Feder" für ein Sammelwerk, das Levin herausgeben will.

Erst am 29. Juli reist  Annette wieder aus Meersburg ab, macht aber - wie üblich - wieder Zwischenstation bei Sybille Mertens-Schaafhausen in Bonn, bevor sie auf dem Landweg wieder ins Rüschhaus fährt, wo sie am 14. August ankommt.  Die Judenbuche wird von Schücking später vermarktet und spielt soviel Geld in Annettes Kasse, daß sie nun wirtschaftlich unabhängig von ihrer Mutter ist.
 
1843 - Seitenanfang
Annette bereitet die Gedichtausgabe vor, die 1844 bei Cotta erscheinen wird. Das bedeutet vielfache Korrektur, Abschrift, einige neue Gedichte und eine längere Diskussion mit Levin Schücking über die Verlagswahl. Sie durchleidet wieder einige schwere Krankheiten und unternimmt mehrere Reisen (u.a. nach Corvey), bevor sie im September wieder an die Meersburg reist. Dort bekommt sie mit, daß das "Fürstenhäusle", ein 1603 vom Konstanzer Domherrn (Jakob Fugger) erbautes  und nun nicht mehr gebrauchtes Nebenhaus, im Auftrag des Großherzogs von Baden öffentlich versteigert werden soll und Annette kann es am 17. November für einen Betrag von etwa 700 Gulden (entsprechend 466 Reichstalern = etwa EUR. 35.000) bekommen. Zum ersten Mal gehört ihr etwas alleine, ein Haus mit vier Zimmern, Küche, Kellern, Boden und 5.000 Weinstöcken, die später durchaus Gewinn abwerfen.
 
Levin Schücking ist mittlerweile Redakteur der "Augsburger Allgemeinen" und heiratet Louise von Gall - vermutlich eine Enttäuschung für Annette. Zumindest bekommt die Freundschaft einen Knacks und Annette läßt sie langsam einschlafen.
 
 
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