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Theodor Storm
Einer Toten (10.11.1847)
erstellt von Martin Schlu,
April 2004
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- 1
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- Du glaubtest nicht an frohe Tage mehr,
- Verjährtes Leid ließ nimmer dich
genesen;
- Die Mutterfreude war für dich zu schwer,
- das Leben war dir gar zu hart gewesen.
-
- Er saß bei dir in letzter Liebespflicht;
- Noch eine Nacht, noch eine war gegeben!
- Auch die verrann, dann kam das Morgenlicht.
- "Mein guter Mann, wie gerne wollt ich leben!"
-
- Er hörte still die sanften Worte an,
- Wie sie sein Ohr in bangen Pausen trafen:
- "Sorg für das Kind - ich sterbe,
süßer Mann."
- Dann halbverständlich noch: "Nun will ich
schlafen."
-
- Und dann nichts mehr; - du wurdest nimmer wach,
- Dein Auge brach, die Welt ward immer
trüber;
- Der Atem Gottes wehte durchs Gemach,
- Dein Kind schrie auf und dann warst du
hinüber.
-
- 2
-
- Das aber kann ich nicht ertragen,
- Daß so, wie sonst, die Sonne lacht;
- Daß wie in deinen Lebenstagen
- Die Uhren gehn, die Glocken schlagen,
- Einförmig wechseln Tag und Nacht:
-
- Daß, wenn ds Tages Lichter schwanden,
- Wie sonst der Abend uns vereint;
- Und daß, wo sonst dein Stuhl gestanden,
- Schon andre ihre Plätze fanden,
- Und nichts dich zu vermissen scheint;
-
- Indessen von den Gitterstäben
- Die Mondesstreifen schmal und karg
- In deine Gruft hinunterweben,
- Und mit gespenstig trübem Leben
- Hinwandeln über deinen Sarg.
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