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Berchtesgaden - Altstadt Text und Fotos: Martin Schlu, Stand: 21. August 2025 |
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Schloß - nach oben - zur Kirche - Heimatmuseum - Man beginnt am besten mit der Innenstadt und das heißt, man schaut, daß man etwa um Dreiviertel (Viertel vor) 11, 12 etc. am Schloßgitter des rosafarbenen Hauses steht, hereingelassen wird und an der Führung teilnehmen kann. Der Eintritt von € 15,00, ist gut angelegtes Geld, weil man sehr viel sieht und erfährt. Schnell wird klar, daß die Stadt vom Mittelalter 700 Jahre lang als unabhängiges Klosterstift der Augustiner ein freier Markt zwischen Salzburg und München war. Die Mönche des Klosters unterstanden seit Kaiser Barbarossa nur ihm und dem Papst und konnten darum tun und lassen, was sie wollten. Sie schürften Metalle und Salz (die Salzmine geht von Bad Reichenhall über Berchtesgaden bis Salzburg), hatten Einnahmen aus ihren riesigen Ländereien und legten den wirtschaftlichen Grundstock, von dem die bayrischen Wittelsbacher ab der Säkularisation 1803 profitierten. Der Kirche sieht man das Mittelalter nicht an (gebaut ab 1100), denn die Türme sind neoromanisch und stammen aus dem 19. Jahrhundert. Das Schloß wurde seit 1400 immer wieder „modernisiert“ - zuletzt blieb es bei der Barockfassade. ![]() Das Berchtesgadener Schloß - ein ehemaliges Kloster nach oben An der Schloßgeschichte sieht man die Entwicklung ganz gut. Wenn man am „Kassiertor“ (hervorgehobener Eingang) hinein geht, sieht man sofort den Kreuzgang des alten Klosters und weil man ja für Gott lebte, hatte man alle Zeit der Welt. Auch die Handwerker dachte so und darum wurde jede Säule mit einem einzigartigen Kapitell versehen (das ist der obere Schmuck). Bis der Kreuzgang fertig war, gingen deswegen ein paar Jahrzehnte ins Land. Das Kloster boomte unterdessen, ständig gab es Zulauf, man brauchte mehr Platz und so wurde alle paar Generationen im jeweils modernen Stil angebaut und umgebaut. Darum ist das Schloß ein Stilmix vom 11. bis zum 19 Jahrhundert. 1803 kam es zur Säkularisation, weil Napoleons Erfolge den Verlust der linksrheinischen Gebiete nach sich zogen und man seitens des Kaisers und der Kurfürsten einen Ersatz wollte. Nach 1806 gab es zwar weder Kaiser noch Kurfürst, doch die Regierungen hatten Blut geleckt und wollten den Kirchenbesitz nicht mehr herausgeben. Auch die Berchtesgadener Stiftskirche und ihr Kloster gingen an die Regierung des Landes, die Wittelbacher, in Person von Max Joseph - übrigens auch im Rheinland. Das Kloster wurde der Fürstpropstei Berchtesgaden übertragen und die kümmerte sich um die Instandhaltung. ![]() Das Berchtesgadener Kloster hatte den typischen Kreuzgang, der immer noch der Portalbereich zum Schloß ist Das Schloß war lange Zeit ein Sitz der bayrischen Könige. Sissi hat hier gespielt, Ludwig II. verbrachte seine Kindheit hier, Prinzregent Luitpold hat hier gelebt. Die Kunstschätze stammen aus verschiedenen Wittelsbacher Schlössern und kratzen durchaus an der Milliarde: Werke von Tilman Riemenschneider und Veit Stoß, Wandteppiche aus dem 16. und 17. Jahrhundert, zig Gemälde und so weiter. Übrigens gehört das Schloß immer noch den Wittelsbachern und der amtierende Chef, Franz Herzog von Bayern (geb. 1933) geht in seinem Alter zwar nicht mehr hier auf die Jagd, doch manchmal bewohnt er noch ein paar Zimmer. Platz gibt es genug, denn man kann zwar dreißig Zimmer besichtigen, die anderen einhundertundsiebzig anderen Räume aber nicht. Für die US-Army war im Mai 1945 das Schloß eben wegen dieser vielen Räume interessant, von hier wurde der Obersalzberg aufgearbeitet, danach die NS-Zeit und von hier aus erfolgte auch die Vorbereitung der Nürnberger Prozesse. nach oben Kirche Die Berchtesgadener Kirche zeigt die Verbundenheit mit dem Klettern. Erst geht man zehn Stufen über rutschigen, roten Marmor (prompt rutschte vor mir ein Mann aus und knallte auf seinen Po), dann steigt man über eine ausgetretene Marmorschwelle und ist in der Kirche. Das Gewölbe wurde ab 1100 gebaut, der Chorraum war um 1200 fertig. Doppeltürme als Zeichen der Macht ließ der erste Fürstpropst Heinrich I. errichten - auch, weil er von Kaiser Barbarossa als Gegenbischof zum Salzburg Erzbischof aufgebaut werden sollte. Diese Türme gibt es aber schon lange nicht mehr, auch keine Bilder von ihnen. Weil durch Blitzeinschläge die Türme schon im 17. Jahrhundert stark beschädigt waren, entschloß man sich um 1850 zum Abriß und zum Neubau nach der aktuellen Mode, der Neoromanik. 1864 waren die Doppeltürme fertig. Der Innenraum zegt sich heute eher schlicht - wer bayrischen Barock, wie in der Wieskirche , erwartet hat, wird enttäuscht. ![]() Das Innere der Berchtesgadener Stiftskirche nach oben Heimatmuseum Berchtesgaden hat ein Heimatmuseum, das ein bißchen besser ist als die meisten anderen. Es liegt im Schloß Adelsheim, einem Barockbau, der 1614 vom damals herrschenden Fürstpropst Degenhart Neuchinger „auf sain aignen Lasten“ gebaut wurde. Als Neuchinger zehn Jahre später starb, war das Schloß Sitz des Propstes geworden und das blieb bis zur Säkularisation 1803 auch so. Säkularisation Am 26. 12 1802 wurde von Napoleon und dem Habsburger Kaiser das Berchtesgadener Gebiet an Ferdinand III. von Toskana übertragen, einem Bruder des Kaisers. Am 11. Februar 1803 dankte der Salzburger Erzbischof Colloredo ab (der Bischof, der Mozart hinausgeworfen hatte) und der letzte Berchtesgadener Propst, Joseph Konrad von Schroffenberg-Mös, unterzeichnete seinen Verzicht auf Berchtesgaden. Damit gab es kein Salzburger Kurfürstentum mehr und auch kein Berchtesgadener Kirchengebiet. Schroffenberg-Mös starb wenige Wochen später, vermutlich aus Frust über die verlorenen Macht. Am 25. Februar 1803 kam es beim Regenburger Reichstag zum Reichsdeputationshauptschluss , der festlegte, daß die weltlichen Kurfürsten für die Besetzung der linksrheinischen Gebiete durch Napoleon entschädigt werden sollten. Der bayrische Kurfürst Max Franz war ja schon 1794 als Kölner Erzbischof abgesetzt worden, als Napoleon in Bonn einmarschiert war und wollte natürlich Ersatz haben. 1806 hörte das „Heilige Römische Reich Deutscher Nation“ (HRR) auf zu existieren und der Kaiser in Wien wurde zu einem rein österreichischen Herrscher. Der Weg für die bayrische Krone war offen. ![]() Schloß Adelsheim in der Schroffenbergstraße - heute das Berchtesgadener Heimatmuseum Parallel zur Säkularisation kam es in Mode, die Bergwelt zu besuchen, ohne dort arbeiten zu müssen. Alexander von Humboldt war 1797 der erste Tourist in Berchtesgaden, wohnte standesgemäß im Schloß Adelsheim bei Fürstpropst von Schroffenberg-Mös und bestieg von hier aus mehrere Berge. Später folgten Adalbert Stifter, Theodor Storm, Theodor Fontane und viele andere Dichter. Maler wie Carl Spitzweg oder Adolph von Menzel oder der Architekt und Maler Karl Friedrich Schinkel bildeten die Bergwelt ab und Wohlhabende, die keine Künstler waren, mieteten sich für ein paar Wochen und Monate ein um die Landschaft zu genießen. So kam der Tourismus in Gang. Das berühmteste Bild vom Watzmann von Caspar David Friedrich entstand übrigens nach Skizzen, denn CDF war sein Lebtag nicht in Berchtesgaden und kannte die Landschaft nur von Bildern der Kollegen. Da die Alpen für Ackerbau einfach nicht funktionieren und das Vieh im Winter sowieso im Stall war, hatten die Ortsansässigen den Winter über wenig im Freien zu tun, weil man nicht auf die Wiesen konnte und dann war Zeit für die Schnitzerei. Damit ergab sich für die Alpenbewohner eine zusätzliche Einnahmequelle und der Verkauf von hölzernen, katholischen Heiligen boomte regelrecht. Die etwa 1.000 örtlichen Protestanten der Region hatte man bereits 1732 vertrieben und die brachten die Wirtschaft nun in Brandenburg, Hannover und Ostpreußen in Schwung. 1778 nahm man den Erlaß zwar wieder zurück, aber die Evangelen kamen nicht mehr zurück und bis heute ist die Region eher katholisch. Das Angebot der Berchtesgadener „War“ ( = Waren) wuchs nach der Säkularisation sprunghaft an. Es gab außer den Figuren auch Spanschachteln, Drechselerzeugnisse, Fässer, Bottiche, Musikinstrumente (schon seit dem 16. Jahrhundert), Spielzeug und natürlich jede Menge Möbel. Als 1810 das Berchtesgadener Gebiet dem Königreich Bayern zugeschlagen wurde, bekam der amtierende Wittelsbacher ein bestens funktionierendes, wirtschaftlich starkes Gebiet, mit vielen neuen Herbergen und Hotels. ![]() Flöten (um 1860) von dem Berchtesgadener Instrumentenbauer Paul Walch nach oben zurück - weiter |
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