Homepage Martin Schlu Einführung nach Usedom  Stand: Oktober 2016 - 
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Einführung

Ahlbeck
Bansin
Heringdorf
Peenemünde
Usedom (Stadt)

Wolgast

Usedom gilt als Sonneninsel Deutschlands, liegt für ehemalige Bundesdeutsche am äußersten Ende der Ostzone (dahinter fängt Polen an) und im letzten Sommer konnte man auf NDR-MV an jedem Wochenende im Radio verfolgen, wie die Wartezeiten für Anreisende bis Sonntag mittag auf über zwei Stunden kletterten. Mecklenburg-Vorpommern hat in diesem Sommer einen Übernachtungsrekord aufgestellt und die 30-Millionen-Marke geknackt. Usedom alleine hat dabei 5 Millionen Übernachtungen gestemmt. Offenbar mußten die Familien in der Autoschlange immer erst warten, bis die Familien am Anfang der Schlange eingeparkt hatten und so war es klar, daß unser erster Besuch nicht im Sommer liegen würde.

Nun wollten wir auch wissen, was es in Usedom so Besonderes gibt und so sind wir im Oktober 2016 losgefahren. Kraniche gucken würde man hier auch können, dachten wir und weil in MV ab Oktober Nebensaison ist, fanden wir für EUR 70.- pro Übernachtung eine luxuriös ausgestattete Wohnung mit zwei Bädern und zwei Balkonen drei Minuten vom Strand entfernt. Daß wir auf den beiden Balkonen abends den einen oder anderen Schoppen nehmen würde, dachten wir auch - aber es ist dann anders gekommen, denn statt einer Woche Sonne hatten wir eine Woche regnerisches Wetter.  C'est la vie.

Darstellung Usedoms 1622 von Mathias Merian

Darstellung Usedoms 1622 von Mathias Merian (1593-1650)  Darstellung der Stralsunder Handschrift von 1615


Geschichte - nach oben
Im 30jährigen Krieg war Usedom ein Teil des Wallenstein'schen Herrschaftsbereichs (nachdem Wallenstein zum Herzog von Mecklenburg ernannt worden war). Nachdem der dänische König Christian IV. 1628 seine Soldaten an der Mündung der Peene in Usedom abgesetzt hatte, versuchte er diesen Teil von Mecklenburg bis Wolgast zu erobern, wurde jedoch am 2. September 1628greg. (= 23. August nach dem julianischen Kalender) von Wallenstein mit ca. 8.000 Soldaten wieder vetrieben. Wallenstein ließ nun an der Nordspitze Peenemündes eine Festung errichten (Peenemünder Schanze) um weitere Invasionen zu verhindern. Das klappte aber nicht, weil nach knapp zwei Jahren der schwedische König Gustav Adolf am 6. Juli 1630 mit etwa 13.000 Soldaten diese Festung eroberte und mit seinem Heer über Stettin, Berlin, Frankfurt/Oder und Leipzig nach Süden marschieren konnte. Gustav Adolf gewann dabei soviel Einfluß, daß selbst noch viele Jahre nach seinem Tod 1632
Usedom in den Friedensverhandlungen von Münster und Osnabrück 1648 schwedisch blieb und mit Pommern nicht mehr zum deutschen Staatenbund gehörte, auch wenn der schwedische König nicht König von Pommern sein konnte, sondern nur Herzog in Pommern (das ist eine andere Geschichte).

Mehrere Male danach gab es Auseinandersetzungen zwischen schwedischen und preußischen Heeren, bis 1713 Usedom wieder preußisch wurde. Nun wurde die Swine ausgebaut, denn Usedom war eher ein Hindernis als eine Wohngegend und so gab es außer der Stadt Usedom lange Zeit nur einzelne Fischersiedlungen, aber jede Menge dichte Waldgebiete.
Auf der Insel gab es seit dem Mittelalter allerdings zwei Güter, Mellenthin und Gothen, die nach der „Eingemeindung“ 1713 an den preußischen Staat fielen. 1817 konnte der Bankier Georg Bernhard von Bülow die Reste von Gothen vom preußischen Staat kaufen. Weil die dazugehörigen Ländereien bis an die Ostsee gingen, ergab sich die Möglichkeit dort zu spekulieren und nachdem zwischen Ahlbeck und Bansin Teile des Waldes gerodet waren, wurde dort eine Art Fischfabrik für Heringe errichtet, ein „Heringsdorf“. König Friedrich Wilhelm III. besuchte als junger Konprinz diesen Ort, der eigentlich in erster Linie den Handel verbessern sollte und soll angeblich den Namen für dieses Kaff gewählt haben.

Weil Pommern wirtschaftlichen Aufschwung versprach, investierten Bankiers wie Hugo und Adelbert Delbrück und die Kölner Bank Sal. Oppenheim in den nächsten dreißig Jahren in die  Eisenbahnlinien Berlin-Wolgast, Heringsdorf-Swinemünde und andere Strecken, kauften und verkauften Land zur touristischen Erschließung für Straßen, Promenaden, Seebrücken, Hotels, Villen, Pensionen und Badeanstalten und finanzierten alles durch Staatsanleihen, für die der preußische Staat bürgte. Als das neue Urlaubsparadies fertig war, kam Kronprinz Friedrich Wilhelm III. 1866 zum Baden, brachte Weib, Kinder und Hofstaat mit und gab Usedom durch diesen Besuch den Ritterschlag des Tourismus. In Heringsdorf nächtigte Wilhelm bezeichnenderweise in einem Haus der Bankierbrüder Delbrück, die mittlerweile als „Financier des Preußischen Staates“ galten und  nur zu gut wußten, wie man Geld verdient - später gründete sie die Deutsche Bank, noch später war die Familie Delbrück im Dienst des Reichskanzleramts und noch später wurde aus dem Heringsdorf die „Aktiengesellschaft Seebad Heringsdorf“.

Reicher als die Delbrücks war nur noch Gerson von Bleichröder, der als reichster Mann Preußens und als viertreichster Mann der Welt galt und der den Deal zwischen Banken und preußischem Staat einfädelt hatte. Im Prinzip war Usedom nach dem Kaiser-Besuch eine Adresse der Reichen und Adeligen geworden und weil die meistens dieser Gruppe aus der Reichshauptstadt kamen, wurde das Dorf die „Badewanne Berlins“ - noch schlimmer als es in Boltenhagen heute der Fall ist.

Villa Staudt, in der Wilhelm als Kronprinz übernachtete
Bild der Villa Staudt, in der Wilhelm als Kronprinz übernachtete - die Kaiserbüste wurde erst nach seinem Tod hinzugefügt.

Später, als Kaiser, schaffte Wilhelm I. den Besuch nicht mehr - erst sein Enkel Wilhelm II. wurde wieder regelmäßiger Gast. Als Kind wurde er in die familiäre Sommerfrische mitgebracht, als Erwachsener kam er weniger aus Badefreude, sondern, weil in Swinemünde öfter Seemanöver stattfanden, an denen Wilhelm II. als Beobachter gerne teilnahm. Bis heute hat jedes Kaff auf Usedom deswegen einen Kaiserhof, eine Kaiserstraße oder ein Hotel Kaiser Wilhelm und die örtlichen Friseure bieten eine „Kaiserwelle“ an - kein Witz.


Nach 1866 war die Insel also sehr angesagt und insbesondere Bankiers, Anwälte und Ärzte leisteten sich nun gerne Villen dort, denn um die Villen war es ruhig, der Strand war breit, der Sand weiß und für die Damen gab es ausreichend Badekarren. Weil die Hälfte dieser Berliner Eliten jüdisch war, hatte dies Konsequenzen für die späteren Besitzer in der NS-Zeit und weil man noch später - nämlich in der DDR - mit den Villen der ehemaligen Nazi-Nutznießer nichts mehr zu tun haben wollte, gammelten etliche Villen solange vor sich hin, bis sie einstürzten oder durch moderne Hotels des Sozialismus ersetzt wurden. Was heute noch an alten Villen steht, ist die Ausnahme - unter einer Million ist an eine kleine heruntergekommene Villa nicht zu denken und Wohnungen in Venedig sind billiger.


Links zur Geschichte Usedom
https://de.wikipedia.org/wiki/Usedom#17._bis_18._Jahrhundert
https://de.wikipedia.org/wiki/Schlacht_bei_Wolgast
https://de.wikipedia.org/wiki/Peenem%C3%BCnder_Schanze
https://www.martinschlu.de/kulturgeschichte/barock/staendekonfession/krieg/1625.htm
https://de.wikipedia.org/wiki/Gustav_II._Adolf_(Schweden)
http://www.insel-usedom.net/news9.htm