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Hamburg - Die Speicherstadt Text und Fotos: Martin Schlu, Stand: 4. Mai 2025 |
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Einführung
Katharinenkirche |
Die Speicherstadt wurde am Ende des 19. Jahrhunderts geplant, als die dort bestehenden Handelshäuser aus den Nähten platzten, die bestellten Waren nicht mehr lagern konnten, wenn sich ein Abnehmer verspätet hatte und Hamburg buchstäblich mehr Speicher brauchte. Die Elbinseln Kehrwieder und Wandrahm waren allerdings seit dem 16. Jht. mit Wohnhäusern bebaut und die Pfeffersäcke (ein Begriff für die Hamburger Kaufleute, der damit ihren Wohlstand und ihre Gerissenheit meint), mußten erst tief in die Tasche greifen, bevor sie die über 20.000 Bewohner umsiedeln konnten und sie mußten deren 1.000 Wohnhäuser abreißen, um den von der Zollunion verlangten Freihafen überhaupt bauen zu können. Um 1883 wurde mit dem ersten Bauabschnitt begonnen und weil der große Stadtbrandt von 1842 den älteren Geschäftsleuten noch lebhaft in Erinnerung war, baute man durch Brandmauern abgeteilte Lagerräume, die von der Wasser- und der Landseite aus beladen und entladen werden konnten. Jedes Haus hatte einen eigenen Kran am Dachbalken montiert und durch Mauerwerk abgetgeilte Lagerräume, so daß z. B. bei Selbstentzündung des Kaffees nur der entsprechende Lagerraum ausbrannte, aber eben nicht das ganze Haus. Der frisch gekürte Kaiser Wilhelm II. konnte bereits 1888 die Speicherstadt einweihen, auch wenn noch längst nicht alles fertig war. Nach der Eröffnung durften die Kaufleute zollfrei handeln und holten damit ihre Investitionen bis zur Jahrhundertwende wieder heraus. Noch vor dem ersten Weltkrieg wurde der größte Teil der Speicherstadt fertiggestellt. Am Ende der letzten Bauphase, 1927, war das größte zusammenhängende Lagersystem der Welt entstanden. ![]() oben: Speichergebäude von der Landseite unten: Speichergebäude von der Fleetseite ![]() Das Lagersystem wird natürlich auch heute noch benutzt, auch wenn der Freihafen seit nicht 2004 mehr existiert. Heute ist die gesamte Speicherstadt zollrechtlich Inland - bis auf die Teppichlager. Die gehandelten Teppiche der Welt werden nach wie vor über Hamburg an- und ausgeliefert, auch der größte Teil des Kaffees geht über Hamburg und seit ein paar Jahren ist die Speicherstadt auch Weltkulturerbe. Mittlerweile wird der nicht mehr benötigte Teil des Freihafens wieder in Wohngebiete umgewandelt - die heutige Hafencity. Die Cholera-Epidemie von 1892 verzögerte den Bau aber, denn durch die nassen Kellerwohnungen, die engen Häuser, die dichte Bebauung des Viertels, die noch fehlende Kanalisation und die Trinkwasserentnahme aus der Elbe war die Epidemie überhaupt erst möglich geworden. Man holte den renommierten Forscher Robert Koch aus der Berliner Charité, der kam, untersuchte die Infrastruktur des Hafen- und Lagerviertels und stellte fest: „Ich
habe noch nie solche ungesunden Wohnungen, Pesthöhlen und Brutstätten
für jeden Ansteckungskeim angetroffen wie in den sogenannten
Gängevierteln, die man mir gezeigt hat, am Hafen, an der Steinstraße,
an der Spitalerstraße oder an der Niedernstraße. ... Ich vergesse, daß
ich mich in Europa befinde.“
Robert Koch, zit. nach https://de.wikipedia.org/wiki/Choleraepidemie_von_1892 Sofort wurden die engen Gassen verbreitert, noch einmal Hunderte Wohnungen abgerissen, es kam eine Kanalisation und es wurden Trinkwasserfilter an den Entnahmestellen eingebaut. Wochenlang wurde der Stadtteil mit Wasser beliefert, bis die Infrastruktur modernisiert war. Die Stadt Altona hatte bereits Trinkwasserflter und daher kaum Cholera-Tote, Hamburg dagegen hatte bis jetzt keine Filter gehabt, dafür 17.000 Erkrankungen und etwa die Hälfte der Erkrankten starb daran. Am 28. Dezember 1892 wurde in Hamburg das Institut für Hygiene und Umwelt gegründet. Danach gingen die Bauarbeiten weiter. ![]() Ein Teil der Speicherstadt vom Turm der Nikolaikirche aus gesehen - die Hafencity liegt dahinter. Am 22.5.2018 war im Hamburger Abendblatt zu lesen, daß Hamburg demnächst die zweite Einwohnermillion erreichen könnte und mit der Hafencity Platz für 2,2 Mio Einwohner haben würde - wir werden es wohl noch erleben. Ende 2024 lag die Zahl zumindest bei ca. 1,9 Mio (Quelle). nach oben Katharinenkirche Diese Kirche ist den meisten Bach-Kennern ein Begriff, denn Johann Sebastian Bach war ab 1720 beim Fürsten von Anhalt-Köthen nicht mehr so glücklich, seit der eine Frau geheiratet hatte, die die fürstliche Begeisterung für Musik sehr gedämpft hatte. Leopold von Anhalt-Köthen legte Bach deswegen nahe, sich woanders zu bewerben und da kam die Nachricht von einer freien Stelle an der Hamburger Hauptkirche St. Jakobi gerade recht. Das Probespiel war in Sankt Katharinen angesetzt und diese Orgel kannte Bach, weil er als Sechsundzwanzigjähriger den legendären Organisten Johann Adam Reincken dort spielen gehört hatte und so bewarb er sich für die Stelle. Das Probepiel verlief überragend, Bach war ja auf der Höhe seines Könnens, doch dann eröffnete Hauptpastor Erdmann Neumeister Bach, er müsse 4.000 Courant (ca. € 20.000.-) aufbringen um die Stelle zu bekommen. Bach hätte das Geld auch wieder hereingeholt, aber er empfand diese Situation als Abstieg und zog die Bewerbung daher zurück. (mehr). ![]() Die Katharinenkirche am Rande der heutigen Speicherstadt Nun hat die Katharinenkirche (am alten Handelshafen und der späteren Speicherstadt gelegen) endlich die Möglichkeit bekommen, Teil der alten Barockorgel, auf denen Bach gespielt hatte, in einen Neubau eines barocken Instrumentes zu überführen. Diese Orgel ist nun fertig und ihr Klang gilt als authetisch, so wie sie zu Bachs Zeiten geklungen hat (Spiegel-Artikel vom 03.04. 2004). An dem Tage, als ich die Orgel fotografieren wollte, konnte ich sehen, wie eine Installation des chinesischen Künsters Ai Weiwei aufgebaut wurde - etliche Fahhräder, die ineinander gesteckt wurde. St. Katharinen ist eben auch eine Kunstkirche. ![]() nach oben |
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